Bielefeld (ots) - Das enttäuschte Drittel der Gesellschaft war schon immer da, als Nichtwähler, Protestwähler, Radikalenwähler. Jetzt ist es nur sichtbarer geworden. In Mecklenburg-Vorpommern hat es die CDU überholt, wie zuvor bei zwei Landtagswahlen die SPD. Das enttäuschte Drittel der Gesellschaft ist nun eine politische Kraft, freilich bloß eine de-struktive. Ein Programm für Deutschland hat es nicht. Die Flüchtlingsfrage war das Hauptmotiv für die AfD-Wahl. Dabei leben in Mecklenburg gerade mal 11.000 Flüchtlinge, 0,7 Prozent der Bevölkerung. Richtig ist, dass Angela Merkels »Wir schaffen das« die Ängste vieler ignoriert hat, weil sie es nicht um ein »Wir sorgen dafür, dass wir die Kontrolle behalten« ergänzte. Doch das ist mit zahlreichen Gesetzen und Verschärfungen inzwischen längst nachgeholt worden. Die Flüchtlingsfrage ist in Mecklenburg-Vorpommern kein reales Problem, nur Auslöser und Vorwand. Keiner hat dort wegen der Flüchtlinge Job, Wohnung, Freundin oder Hab und Gut verloren. Auch die Arbeitslosigkeit ist kein großes Problem mehr, sie liegt bei neun Prozent, der Tourismus boomt. Es ist sinnlos, die Gründe in echten Problemen zu suchen, sie liegen ganz woanders. In dynamischen Gesellschaften gibt es neben Rassisten und Rückständigen immer auch Menschen, die nicht oder nicht mehr mitkommen mit Veränderungen oder die Angst vor ihnen haben. Und weil die Globalisierung immer mehr durchschlägt, nimmt der Wunsch nach Abschottung zu. Weltweit, von Trump bis Brexit, von Le Pen bis Orban. Nun auch in Deutschland. Die Abschottung wird freilich bei Flüchtlingen aus islamischen Ländern nicht stehen bleiben, sondern sich bald gegeneinander richten. Im TTIP-Protest ist das schon der Fall, da marschieren Links und Rechts fröhlich vereint gegen Freihandel und Amerika. Die Schockwelle dieser Wahl reicht bis in Bundestag und Kanzleramt, zumal das Ergebnis in zwei Wochen bei der Landtagswahl in Berlin kaum anders sein wird. Es gibt an der konkreten Flüchtlingspolitik deswegen nichts zu verändern. Der CDU-Spitzenkandidat in Schwerin hat es mit der Forderung nach einem Burka-Verbot versucht - und so die Symbolthemen der Rechten hoffähig gemacht. Real ist es viel wahrscheinlicher, in Vorpommern einem Wolf zu begegnen, als einer vollverschleierten Frau. Man muss so ein Wahlergebnis nicht verstehen. Man muss den Rechts-Wählern klar widersprechen, man muss ihnen viel deutlicher sagen, dass es keinen Grund für eine »Protestwahl« dieser Art gibt, dass sie sich informieren sollen über die, denen sie da nachlaufen, und dass sie nachdenken sollen über die Zukunft ihrer schönen Gegend, statt mit dumpfem Nationalismus alles kaputt zu machen, was dort aufgebaut wurde. Und das gilt nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern.
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