Von Steffen Gosenheimer
NEW YORK (Dow Jones)--Die kräftige Erholung zum Wochenauftakt an der Wall Street hat sich am Dienstag als eine Art Strohfeuer entpuppt. Fast sämtliche Gewinne gingen wieder verloren. Als Belastungsfaktor machten Händler neben der anhaltenden Unsicherheit über den Ausgang der US-Zinsentscheidung in der kommenden Woche die sinkenden Ölpreise aus.
Der Dow-Jones-Index verlor 1,4 Prozent auf 18.067 Punkte, wobei sich Apple gegen den Abwärtstrend stemmten und als einzige Dow-Aktie im Plus lagen - und das deutlich. Der S&P-500 büßte 1,5 Prozent ein, der Nasdaq-Composite 1,1 Prozent. Umgesetzt wurden an der NYSE 1,03 (Montag: 1,02) Milliarden Aktien. Dabei standen 338 (2.204) Kursgewinnern 2.755 (844) -verlierer gegenüber, 40 (79) Titel zeigten sich unverändert.
Hatte die als geldpolitische "Taube" bekannte Fed-Gouverneurin Lael Brainard am Vortag noch für Beruhigung in Sachen schnelle Zinserhöhung gesorgt, begann nun nach der Kakophonie aus dem Kreis der Notenbanker die Schweigeperiode. Bis zur Sitzung am 20. bzw. 21. September dürfen sich die Mitglieder des Offenmarktausschusses der US-Notenbank nicht mehr äußern. Goldman Sachs hatte am späten Montag die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung bereits in der kommenden Woche von 40 auf 25 Prozent gesenkt.
"Angesichts der zuletzt divergierenden Wortmeldungen bleibt die geldpolitische Zukunft unklar", sagte Marktstratege Andy McLevey von Interactive Investor dessen ungeachtet. Hinzu kämen politische und ökonomische Unsicherheiten. Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA rücke immer stärker in den Fokus, sagte Vincent Juvyns, Marktexperte bei JP Morgan Asset Management, der neben dem weiter unklaren US-Zinspfad auch auf die kommenden Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union über den Brexit als Belastungsfaktor verweist. "Der Raum für Enttäuschungen ist da (...) und Unterstützung für die Märkte wird von besseren Unternehmensgewinnen kommen müssen", meint er.
Außerdem verwiesen Marktbeobachter auf sich mehrende Stimmen vor Blasenbildungen an den Finanzmärkten, die sich in den vergangenen Jahren zu sehr in die Abhängigkeit der Notenbanken und deren Liquiditätsspritzen begeben hätten. Fondslegende Paul Singer von Elliott Management sprach von sehr gefährlichen Zeiten für die globalen Finanzmärkte und den größten Risiken, die die Finanzmärkte jemals erlebt hätten. Schuld daran seien aggressiv agierende Notenbanken mit ihrer Zuflucht zu unkonventionellen Methoden, nur um die Zinsen niedrig zu halten.
IEA schickt Ölpreise gen Süden
Mangels frischer Impulse von Konjunkturseite kam der Entwicklung am Ölmarkt verstärkte Aufmerksamkeit zu. Dort fielen die Preise nach der Erholung am Vortag stark zurück. Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte vor einem nachlassenden Nachfragezuwachs gewarnt. Das Angebot werde die Nachfrage auch 2017 übersteigen. Vor allem die Nachfrage aus China und Indien schwächele.
Der Bericht reihte sich in seiner Wirkung an den des Erdölkartells Opec vom Vortag an, in dem von einer weiter hohen Ölförderung die Rede war. "Die beiden Berichte zeigen in die selbe Richtung, wenn auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln", sagt Marktbeobachter Olivier Jakob von Petromatrix. Hinzu kam, dass bei der am Mittwoch anstehenden Bekanntgabe der wöchentlichen Ölvorräte mit einem neuerlichen Anstieg gerechnet wird. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich um 2,9 Prozent auf zuletzt 44,93 US-Dollar, die global gehandelte Sorte Brent ermäßigte sich um 2,4 Prozent auf 47,13 Dollar.
Aktien aus dem Energiesektor wiesen vor diesem Hintergrund mit Abstand die größten Verluste auf. Der S&P-500-Branchenindex verlor knapp 2,9 Prozent. Anadarko Petroleum hielten sich hier mit einem Minus von 0,3 Prozent noch relativ gut. Die Öl- und Gasgesellschaft übernimmt im Golf von Mexiko Tiefwasseranlagen - und Vermögenswerte von Freeport McMoRan Oil & Gas für 2 Milliarden Dollar und gibt in diesem Zusammenhang auch 35 Millionen Aktien aus. Freeport will unterdessen auf diesem Weg Schulden abbauen. Die Aktie gab um 8,4 Prozent nach.
Apple von gutem iPhone-Absatz beflügelt
Apple legten nach dem Vortagesplus weiter zu, diesmal um 2,6 Prozent. Gute Vorbestellungen für das neue iPhone trieben den Kurs. T-Mobile US und auch Sprint hatten von Vorbestellungen für das neueste iPhone-Modell gesprochen, die vier Mal höher gewesen seien in den ersten drei Handelstagen als beim Vorläufermodell. Rückenwind für Apple kam aber auch von einer Reihe positiver Kritiken in diversen Medien für das neueste iPhone, unter anderem dem Wall Street Journal. Dem T-Mobile-Kurs half das aber nicht, er fiel im Sog der breiten Marktschwäche um 1,3 Prozent zurück, für Sprint ging es sogar um 5,2 Prozent abwärts.
Für Intersil ging es dagegen um knapp 10 Prozent nach oben auf 21,70 Dollar, weil der Chip-Hersteller für rund 3,2 Milliarden US-Dollar bzw. 22,50 Dollar je Aktie von der japanischen Renesas Electronics übernommen wird. Eine personelle Veränderung an der Führungsspitze drückte auf den Kurs von Weight Watchers. Nachdem der CEO des Anbieters von Programmen zur Gewichtsreduktion, James Chambers, seinen Rücktritt zum Monatsende angekündigt hatte, nahm der Kurs um 6,6 Prozent ab.
Die Juwelierkette Tiffany & Co hat einen neuen Finanzvorstand, den früheren Chef des Eisenbahnunternehmens Canadian Pacific Railway. Anleger quittierten das mit einem Aufschlag von 0,6 Prozent. Liberty Media machten nach einer Kaufempfehlung der Citigroup einen Satz um fast 16 Prozent auf 27,83 Dollar. Das neue Kursziel der Analysten lautet auf 32 nach 22 Dollar. Liberty Media hatte jüngst die Formel 1 gekauft mit einem Gesamttransaktionsvolumen von 8 Milliarden Dollar.
Zehnjahresrendite auf höchstem Niveau seit Brexit-Votum
Am US-Anleihemarkt zogen die Renditen an und setzten den am vergangenen Donnerstag begonnenen Aufwärtstrend beschleunigt fort. Ausgelöst hatten ihn enttäuschte Erwartungen an eine weiter die Geldpolitik lockernde Europäische Zentralbank und Spekulationen über eine rasche Zinserhöhung in den USA.
Zusätzlich unter Druck gerieten die Anleihekurse am Dienstag nach der Auktion 30-jähriger Staatsanleihen, die auf eine eher schwache Nachfrage gestoßen war. Die Zehnjahresrendite stieg um 4 Basispunkte auf 1,71 Prozent, nachdem sie vor knapp einer Woche noch bei 1,54 Prozent gelegen hatte. Das ist das höchste Niveau seit dem 23. Juni, dem Tag der Brexit-Abstimmung. Der Dollar legte mit den anziehenden US-Renditen merklich zu - sowohl zum Euro wie auch zum Yen markierte er im US-Hande Tageshochs.
Der Goldpreis fiel angesichts der sich haltenden Zinsunsicherheit und auch belastet vom anziehenden Dollar zurück. Die Feinunze verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 1.318 Dollar. "Der Markt reagiert aktuell nur noch auf Fed-Spekulationen und Wechselkursbewegungen des Dollar", sagte Edelmetallspezialist David Govett von Marex Spectron.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 18.066,75 -1,41 -258,32 3,68 S&P-500 2.127,02 -1,48 -32,02 4,06 Nasdaq-Comp. 5.155,25 -1,09 -56,63 2,95 Nasdaq-100 4.722,84 -0,88 -41,81 2,82 DEVISEN zuletzt +/- % 8:38 Uhr Mo, 17.38 Uhr % YTD EUR/USD 1,1216 -0,15% 1,1232 1,1230 +3,3% EUR/JPY 115,0791 +0,52% 114,4806 114,57 -21,8% EUR/CHF 1,0956 +0,34% 1,0920 1,0929 +0,7% EUR/GBP 0,8500 +0,90% 0,8429 1,1859 +15,4% USD/JPY 102,61 +0,68% 101,92 102,01 -12,6% GBP/USD 1,3194 -0,99% 1,3326 1,3318 -10,5% ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 44,89 46,29 -3,0% -1,40 +4,7% Brent/ICE 47,14 48,32 -2,4% -1,18 +8,8% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.318,37 1.327,70 -0,7% -9,33 +24,3% Silber (Spot) 18,88 19,10 -1,2% -0,22 +36,6% Platin (Spot) 1.034,40 1.054,85 -1,9% -20,45 +16,0% Kupfer-Future 2,10 2,10 0% 0 -2,6% ===
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September 13, 2016 16:12 ET (20:12 GMT)
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