Hagen (ots) - Wäre Sylvia Löhrmann noch Deutschlehrerin und hätte ihre neuesten Ideen zum "Turbo-Abitur" als Aufsatz auf dem Korrigiertisch, würde der Rotstift nur so fliegen. Einleitung, Aufbau, Argumentationsgänge? Allesamt mangelhaft. Jahrelang hat die grüne Schulministerin den Ruf nach Strukturveränderung beim ungeliebten "G8" eisern wegmoderiert. Sie verwies immerzu auf einen von ihr einberufenen "Runden Tisch" aus Interessenvertretungen der Schulszene - als handele es sich um den Heiligen Stuhl. Acht Monate vor der Landtagswahl erfasst die Schulministerin nun plötzlich nackte Panik. Die Landeselternschaft der Gymnasien hat ihr die Gefolgschaft aufgekündigt, Ministerpräsidentin Kraft lässt die SPD längst neue Gymnasialkonzepte beraten, selbst Bayern und die FDP haben sich vom "Turbo-Abitur" verabschiedet. Da überrumpelt Löhrmann Lehrer, Eltern und Schüler mit der umwälzenden Idee einer individuellen Schulzeit für alle - hingeworfen in drei Interview-Halbsätzen. Statt Reformen an 630 Gymnasien umsichtig zu organisieren, verunsichert sie mit experimentellen Vorschlägen aus der Welt der Laborschulen. Ein real existierendes Gymnasium kämpft heute schon mit der miserabel vorbereiteten Inklusion, mit der Flüchtlingsintegration, mit Unterrichtsausfall und Vertretungsplänen. Jetzt rächt sich, dass die Schulpolitik in NRW das schwierige Strukturthema "G8" seit 2010 als ausgestanden betrachtet hatte. Löhrmanns Lieblingsprojekte wie "Längeres gemeinsames Lernen" oder das Ideal des "inklusiven" Klassenzimmers erschienen wichtiger.
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