Hagen (ots) - Das Berliner Wahlergebnis ist ein Ausnahmefall: fünf Parteien in einem Korridor zwischen etwas weniger als 15 und etwas mehr als 20 Prozent, keine denkbare Zweierkonstellation in der Nähe einer Regierungsmehrheit. Von "Berliner Verhältnissen" wird die Rede sein. Andererseits zeigt das Ergebnis ebenso bekannte wie beunruhigende Muster: Die anhaltende Stärke der AfD - und den Niedergang der Volksparteien, der in den Ländern vor allem die CDU betrifft. Deren Vorsitzende, Kanzlerin Merkel, betont unablässig, dass jede Wahl gesondert zu betrachten sei. Dass Berlin der CDU in der fünften Landtagswahl seit Jahresbeginn die vierte bittere Niederlage brachte, lässt sich aber nicht verleugnen. Die Flüchtlingskrise und der Umgang damit sind nicht Ursache, wohl aber Beschleuniger der Abwärtsentwicklung. Der wahrgenommene Kontrollverlust in einer Ausnahmesituation vergrößert den Vertrauensverlust der etablierten Politik. Es sind auch persönliche Niederlagen von Angela Merkel. Der zerstörerische Streit zwischen den Unionsparteien um die Flüchtlingspolitik ist im Kern ein Streit um die Flüchtlingsrhetorik geworden. Es geht weniger um das Handeln als um die Deutung des Handelns. Es geht um Rechthabenwollen. Die Fehler des vergangenen Jahres sind gemacht. Sie werden aber auch korrigiert. Es kommen kaum noch Flüchtlinge nach Deutschland. Die Wende, die Seehofer einfordert und Merkel ablehnt, ist längst eingeleitet. Seehofer versteift sich auf eine kaum praktikable Obergrenze für Flüchtlinge, während Merkel sich auf ihr Mantra "Wir schaffen das" zurückzieht. So funktioniert Wählerabschreckung. Finden die Unionsparteien nicht rasch zusammen, droht ein Debakel auch bei der Bundestagswahl. Wer unternimmt den entscheidenden Schritt zur Deeskalation? Der rational agierenden Merkel ist dies eher zuzutrauen als dem angstgesteuerten Seehofer. Die Kanzlerin könnte auf ein Instrument zurückgreifen, das viele ihrer Vorgänger wählten, als sie in Bedrängnis gerieten: eine Kabinettsumbildung. Eine Möglichkeit wäre, der CSU das in der Flüchtlingskrise zentrale Innenressort zu überlassen. Merkel wäre die Klügere, die nachgibt - und hätte zugleich die CSU stärker in die Kabinettsdisziplin eingebunden.
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