Die Fed hat gestern im Anschluss an ihre zweitägige Sitzung verkündet, den Leitzins bei 0,25 bis 0,50 Prozent zu belassen und damit die erste Zinserhöhung in diesem Jahr weiter hinausgezögert. Da dies von den Märkten mehrheitlich erwartet wurde, ist es zunächst keine Überraschung und daher auch eher uninteressant.
Zinsentscheidung fiel mit 7:3 Stimmen
Beim Blick auf die Details, die zu dieser Zinsentscheidung führten und die mit dem Statement der Fed mitgeliefert wurden, erhält man allerdings interessantere Informationen. So fiel die Zinsentscheidung zum Beispiel mit sieben zu drei Stimmen. Neben Fed-Chefin Janet Yellen und ihrem Stellvertreter William Dudley stimmten noch fünf weitere Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) gegen eine sofortige Zinserhöhung, während drei Fed-Mitglieder eine sofortige Zinserhöhung für sinnvoll hielten. Es herrschte also eine verhältnismäßig große Uneinigkeit. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung bei einer der nächsten Fed-Sitzungen in diesem Jahr.
Deutliche Mehrheit der Fed-Mitglieder erwartet Zinsschritt im laufenden Jahr
Zumal aus den Fed-Projektionen hervorgeht, dass 14 der insgesamt 17 Notenbankmitglieder bis zum Ende des Jahres noch mindestens eine Zinserhöhung sehen. Nur drei Ratsmitglieder rechnen weiterhin mit unveränderten Zinsen in diesem Jahr. Zehn der vierzehn Währungshüter, die von weiteren Zinserhöhungen in 2016 ausgehen, erwarten dabei, dass die Fed-Funds-Rate um 25 Basispunkte steigt, während vier Notenbanker sich sogar noch mehr als einen Zinsschritt vor dem Jahreswechsel wünschen. Damit zeichnet sich nun deutlicher ab, dass es in diesem Jahr noch eine Zinsanhebung geben wird.
Gravierende Änderung in der Anforderung an die Wirtschaftsentwicklung
Passend dazu teilte Yellen auf der Pressekonferenz mit, dass im laufenden Jahr noch mit einer Zinserhöhung zu rechnen sei - allerdings nur, wenn sich der Arbeitsmarkt wie bisher erhole und sich keine deutliche Verschlechterung der Wirtschaftslage abzeichne. Das klingt nun zunächst nach dem, was schon zuvor mehrfach gesagt wurde, ohne dass es bislang zu einer tatsächlichen Zinserhöhung gekommen ist. Doch die Fed ist dafür bekannt, nur Nuancen an Formulierungen zu verändern, um den Märkten einen klaren Wink mit dem Zaunpfahl zu geben. Und wenn man genau hinschaut, dann steckt in dieser Formulierung eine gravierende Änderung.
Denn zuvor hatte die Fed stets betont, dass eine Zinsanhebung dann vorgenommen wird, wenn sich die Wirtschaft weiter erholt. Nun werden die Zinsen gemäß dem leicht veränderten Wording bereits angehoben, wenn sich die Wirtschaftslage nicht verschlechtert. Das ist ein gravierender Unterschied zum bisherigen Kriterium. Denn damit müssen sich die kommenden US-Konjunkturdaten ab jetzt nicht mehr bessern, sondern sie können lediglich auf dem aktuellen Niveau verharren.
Zinsanhebung vor oder nach der US-Präsidentenwahl?
Prinzipiell seien Zinserhöhungen bei jeder Sitzung des Offenmarktausschusses möglich, so Yellen. Damit können die Zinsen auch schon bei der nächsten Sitzung am 2. November angehoben werden, wenn sich die US-Wirtschaft zumindest stabil hält. Doch die Märkte gehen aktuell nicht davon aus, dass die Fed unmittelbar vor der US-Präsidentenwahl, die knapp eine Woche nach der November-Sitzung stattfindet, in die Märkte eingreift. Die Wahrscheinlichkeit für eine Anhebung im November liegt aktuell nur bei 17 Prozent. Das letzte Mal in diesem Jahr werden die Geldpolitiker dann am 13. und 14. Dezember tagen. Die Chancen für höhere Zinsen zu diesem Termin sehen die Anleger derzeit bei rund 60 Prozent.
Warum zündeten die Aktienmärkte ein kleines Kursfeuerwerk
Die jüngsten, eher durchwachsenen Konjunkturdaten erleichterten es der Fed argumentativ, bei der aktuellen Sitzung auf einen Zinsschritt zu verzichten. Zumal die Inflationsrate immer noch niedrig war und sich die Kerninflationsrate stabil zeigte. Daher hatten die Märkte auch keinen Zinsschritt erwartet. Dennoch zündeten sie im Anschluss an die Sitzung ein Kursfeuerwerk. Daher stellt sich nun noch die Frage, warum die Kurse so stark stiegen, wenn doch eigentlich nur die Erwartungen erfüllt wurden.
Zinspfad verläuft nun deutlich flacher
Eine Antwort darauf liefern Details aus den aktuellen Fed-Projektionen. Trotz der im Statement neu aufgetauchten Aussage, dass sich die Argumente für eine Zinsanhebung verstärkt haben, zeigt sich darin, dass die Fed-Mitglieder nun ein deutlich geringes Tempo bei weiteren Zinserhöhungen vorlegen wollen. So wurde die Prognose (Median) für den Leitzins im laufenden Jahr im Vergleich zu dem Wert vom Juni um 0,3 Prozent zurückgenommen.
Dies verwundert nicht, weil es auf der aktuellen Sitzung keine Zinsanhebung gab und es daher in diesem Jahr insgesamt wohl nur eine geben wird. Doch auch für die nächsten beiden Jahre sieht die Notenbank inzwischen deutlich weniger Anlass, an der Zinsschraube zu drehen, als noch vor drei Monaten. Ende 2017 wird der Leitzins im Mittel (Median) nur noch bei 1,1 Prozent gesehen (bisher: 1,6 Prozent) und Ende 2018 nur noch bei 1,9 Prozent (zuvor: 2,4 Prozent).
Damit sind für die Jahre 2017 und 2018 effektiv zwei Zinsanhebungen um jeweils 0,25 Prozent weggefallen, was für die Märkte entsprechend mehr Liquidität bedeutet. Daher stiegen die Aktienkurse deutlich an.
DAX bestätigt Ausbruch aus Abwärtstrendkanal
Im DAX hat dies zu neuen recht bullishen Signalen geführt:
Zwar legte der Index im Rahmen seiner aktuellen Aufwärtsbewegung einen kurzen Stopp an der schwarzen Widerstandslinie ein (roter Pfeil Nr. 1), doch die heutige Tageskerze liegt vollständig oberhalb dieser Marke. Zusammen mit der hohen Dynamik ist den Bullen hier ein klarer Ausbruch gelungen. Und weil der DAX zuvor gleich zwei Mal die obere Linie des ehemaligen Abwärtstrendkanals von oben getestet hatte (grüne Pfeile) und der Index nun wieder nach oben durchzustarten scheint, gilt der Ausbruch aus dem Trendkanal damit als bestätigt.
Die rot gestrichelte Konsolidierungslinie könnte den heutigen Anstieg beenden (roter Pfeil Nr. 2). Doch das Kursziel der Bullen liegt nun an der Mittellinie bei 10.815 Punkten. Gelingt hier der Ausbruch, dann kann es sehr schnell auch noch bis zur Rechteckgrenze bei 11.170 Zählern gehen. Sorgen machen muss man sich nun erst wieder, wenn der DAX die beiden Tiefs an der Abwärtstrendkanallinie (grüne Pfeile) doch noch unterschreiten sollte.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus