DJ MÄRKTE USA/Spekulationen um EZB-Tapering verunsichern Anleger
NEW YORK (Dow Jones)--Trotz positiver Vorgaben aus Europa und Asien haben die US-Börsen am Dienstag erneut Verluste verbucht. Zur Begründung für die Abgaben verwiesen Händler an erster Stelle auf Befürchtungen, dass die Europäische Zentralbank schon vor dem geplanten Ende ihres Anleihekaufprogramms damit beginnen könnte, ihre monatlichen Käufe allmählich zurückzufahren ("Tapering"). Als weiterer großer Unsicherheitsfaktor wurde die Deutsche Bank genannt, die den Ölpreis als "Katalysator des Handels abgelöst hat", wie es ein Marktteilnehmer formulierte. Daneben verhinderten die gerade beginnende Bilanzsaison und der für Freitag angekündigte Arbeitsmarktbericht der US-Regierung, dass sich die Anleger zu weit aus dem Fenster lehnten.
Der Dow-Jones-Index verlor 0,5 Prozent auf 18.168 Punkte. Der S&P-500 gab um 0,5 Prozent nach und der Nasdaq-Composite um 0,2 Prozent. Umgesetzt wurden 898 (Montag: 820) Millionen Aktien. Den 847 Kursgewinnern standen 2.206 -verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 69 Titel.
Konjunkturdaten, die dem Markt Impulse hätten geben können, wurden am Dienstag nicht veröffentlicht. Allerdings senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognosen für die USA, während die Prognosen für einige europäische Länder und Japan erhöht wurden. Der IWF warnte in seinem Weltwirtschaftsausblick überdies davor, die wirtschaftlichen Folgen des EU-Austritts Großbritanniens zu unterschätzen.
Zinserhöhungsspekulationen weiten sich aus
Und nicht zuletzt ging die Debatte um die Politik der US-Notenbank weiter. Dass die nächste Zinserhöhung in den USA näher rückt, untermauerte am Dienstag der Präsident der US-Notenbankfiliale von Richmond, Jeffrey Lacker. Er bekräftigte sein Plädoyer für eine baldige Zinserhöhung. Die Federal Reserve sollte "präventiv" die Geldpolitik straffen, um die Inflation im Zaum zu halten. Bereits am Vortag hatte sich seine Kollegin Loretta Mester aus Cleveland ähnlich geäußert. Die Zinserhöhungsspekulationen bremsten die Risikoneigung unter Investoren, hieß es im Handel. Höchstens sehr schwache Konjunkturdaten - etwa vom Arbeitsmarkt - könnten nach Ansicht von Beobachtern dazu führen, dass die Fed den nächsten Zinsschritt noch etwas hinauszögert.
Doch nicht die Fed allein, auch die Europäische Zentralbank könnte sich bald von der Politik des billigen Geldes verabschieden: Noch während des europäisch dominierten Handels hatte ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zunächst vor allem die Devisen- und Anleihemärkte in Aufruhr versetzt. Bloomberg meldete unter Berufung auf namentlich nicht genannte Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB), dass möglicherweise schon vor dem für März 2017 geplanten Ende des EZB-Anleihekaufprogramms das monatliche Volumen der Käufe schrittweise zurückgefahren werde. Aktuell kauft die EZB monatlich Anleihen für 80 Milliarden Euro, dieses Volumen könnte in Schritten von 10 Milliarden Euro verringert werden, sofern die wirtschaftlichen Aussichten dies zuließen, so Bloomberg.
"Vielleicht war heute der Tag, an dem die Anleger begonnen haben, sich auf weltweite Zinserhöhungen einzustellen", kommentierte Mark Kepner, Geschäftsführender Direktor der Sparte Sales and Trading bei Themis Trading, das Geschehen.
Pfund setzt Talfahrt fort - EZB-Spekulationen stützen Euro
Lebhaft ging es am Devisenmarkt zu: Das Pfund Sterling, das bereits am Vortag heftig unter Druck geraten war, fiel mit 1,2719 US-Dollar auf den niedrigsten Stand seit 31 Jahren und damit noch unter den Tiefstkurs nach dem Brexit-Votum. Im späten US-Handel ging "Cable" bei rund 1,2740 Dollar um. Auch zum Euro wertete das Pfund ab. Beobachtern zufolge lastet die Sorge um einen "harten Brexit" auf der britischen Währung. Am Wochenende hatte Premierministerin Theresa May mit dem März 2017 erstmals den Termin für den Beginn des Austrittsverfahrens aus der EU genannt. May hatte dabei die Begrenzung der Zuwanderung über einen vollständigen Zugang zum EU-Binnenmarkt gestellt. Am Montag sagte der britische Finanzminister Philip Hammond, die Verhandlungen über den Brexit könnten zu wirtschaftlichen Turbulenzen führen.
Derweil erholte sich der Euro mit den EZB-Spekulationen von einem zwischenzeitlichen Rücksetzer zum Dollar. Die Gemeinschaftswährung zog von Kursen um 1,1160 Dollar steil an auf rund 1,1240 Dollar, kam dann aber wieder etwas zurück. Am Abend notierte der Euro bei etwa 1,12 Dollar.
Am Anleihemarkt verstärkte der Bloomberg-Bericht den aufgrund der US-Zinsspekulationen ohnehin bestehenden Verkaufsdruck. Im Gegenzug stieg die Rendite zehnjähriger Treasurys um 6 Basispunkte auf 1,68 Prozent.
Der Goldpreis gab mit den sich mehrenden Rufen nach einer US-Zinserhöhung und dem festeren Dollar ebenfalls nach. Zum Settlement ermäßigte sich die Feinunze um 3,3 Prozent auf 1.269,70 Dollar, den tiefsten Stand seit dem 23. Juni. Der Tagesverlust war der größte seit Dezember 2013.
Die Ölpreise traten nach ihren Dreimonatshochs des Vortages mehr oder weniger auf der Stelle, gebremst vom festeren Dollar. US-Leichtöl der Sorte WTI kostete zum Settlement 48,69 Dollar, 0,2 Prozent weniger als am Montag. Brent sprang zeitweise über die Marke von 51 Dollar, konnte sich dort aber nicht halten. Zuletzt hatte die Hoffnung auf eine Förderbegrenzung des Erdölkartells Opec die Preise befeuert. Händler bleiben trotz der steigenden Preise skeptisch. Marktanalyst Olivier Jakob von Petromatrix sieht eine wachsende Divergenz zwischen dem Markt für physisches Erdöl und entsprechenden Finanzprodukten am Terminmarkt. Der physische Markt sei weiterhin überversorgt, die Preise für am Terminmarkt zögen jedoch seit der Abmachung der Opec deutlich an.
Banken halten sich besser als der Markt
Aktien von Banken zogen im Fahrwasser der Deutschen Bank an. In den vergangenen Tagen ist die Hoffnung gewachsen, dass die Deutsche Bank im Streit mit den US-Behörden um hypothekenbesicherte Wertpapiere mit einer deutlich niedrigeren Strafe davonkommt als den zunächst geforderten 14 Milliarden Dollar. Die hohe Forderung hatte zunächst Furcht vor einer neuen Bankenkrise heraufbeschworen. JP Morgan und Goldman Sachs rückten um 0,1 und 0,7 Prozent vor. Citigroup und Bank of America gewannen 1,5 und 1,1 Prozent. Wells Fargo fielen mit einem Minus von 0,2 Prozent aus dem Rahmen. Die US-Bank hat dank fragwürdiger Vertriebspraktiken ihren eigenen Skandal: Die unautorisierte Eröffnung von Konten dürfte Wells Fargo noch lange nachhängen, prognostizierte Analyst David Long von Raymond James und stufte die Aktie auf "Underperform" ab.
Die Titel der Google-Mutter Alphabet legten um 0,3 Prozent zu. Der Internetriese stellte neue Funktionen sowie ein neues Smartphone mit dem Namen Pixel vor. Etwas gebremst wurde der Kurs von Schlagzeilen aus Europa. Die EU-Wettbewerbsbehörde will Änderungen der Geschäftspraktiken bei Alphabet erzwingen. Sie will zudem wegen des Vorwurfs von Kartellrechtsverletzungen erhebliche Geldbußen einfordern, wie aus Dokumenten hervorgeht, in die das Wall Street Journal Einsicht hatte.
Delta Air Lines zogen um 0,4 Prozent an. Die Fluggesellschaft sieht erste Anzeichen dafür, dass die Kapazitätsreduzierungen nach dem Sommerflugplan die Umsatzentwicklung befeuerten. Darden Restaurants hat die Erwartungen im dritten Quartal geschlagen und bei den Umsätzen auf vergleichbarer Basis erneut Wachstum verbucht, obwohl der Sektor insgesamt schwächelt. Darden will zudem weitere Aktienrückkäufe tätigen. Die Darden-Aktie verteuerte sich um 0,6 Prozent.
Salesforce.com verbuchten ein Plus von 3 Prozent. Das Unternehmen will die Umsatzmarke von 10 Milliarden Dollar schon im kommenden Jahr knacken und nimmt die Marke von 20 Milliarden Dollar ins Visier. Dazu strebt Salesforce ein jährliches Umsatzplus von 20 bis 30 Prozent an, wie CFO Mark Hawkins während der Investorenveranstaltung des Unternehmens zu Analysten sagte.
Summit Therapeutics schossen um gut 66 Prozent in die Höhe. Der Medikamentenentwickler meldet exklusive Lizenz- und Kooperationsvereinbarungen mit Sarepta Therapeutics. Die Titel dieser Gesellschaft zogen um 0,9 Prozent an.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 18.168,45 -0,47 -85,40 4,27 S&P-500 2.150,49 -0,50 -10,71 5,21 Nasdaq-Comp. 5.289,66 -0,21 -11,22 5,64 Nasdaq-100 4.859,47 -0,15 -7,16 5,80 ANLEIHEN Kupon Laufzeit Notierung Änderung Rendite Änderung 3/4% 2-year 99 27/32 dn 1/32 0,821% +2,3BP 3/4% 3-year 99 26/32 dn 3/32 0,942% +2,9BP 1 1/8% 5-year 99 16/32 dn 7/32 1,227% +4,4BP 1 3/8% 7-year 99 3/32 dn 11/32 1,510% +5,5BP 1 1/2% 10-year 98 10/32 dn 17/32 1,683% +6,1BP 2 1/4% 30-year 96 22/32 dn 1 15/32 2,405% +7,0BP DEVISEN zuletzt +/- % Di, 8:29 Mo, 18.20 Uhr % YTD EUR/USD 1,1206 +0,17% 1,1187 1,1212 +3,2% EUR/JPY 115,2340 +0,76% 114,3632 113,86 -24,4% EUR/CHF 1,0974 +0,54% 1,0914 1,0917 +0,9% EUR/GBP 0,8807 +0,87% 0,8726 1,1453 +19,6% USD/JPY 102,84 +0,57% 102,25 101,54 -12,4% GBP/USD 1,2724 -0,75% 1,2821 1,2841 -13,7% ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD
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October 04, 2016 16:13 ET (20:13 GMT)
WTI/Nymex 48,63 48,81 -0,4% -0,18 +12,2% Brent/ICE 50,81 50,89 -0,2% -0,08 +13,8% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.270,11 1.311,76 -3,2% -41,64 +19,7% Silber (Spot) 17,91 18,83 -4,9% -0,92 +29,6% Platin (Spot) 988,25 1.007,25 -1,9% -19,00 +10,9% Kupfer-Future 2,17 2,19 -1,1% -0,02 +0,6% ===
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