Bielefeld (ots) - Sachsens Justiz hat versagt. Auch wenn die Protagonisten erklären, sie hätten alles getan, um den Freitod Dschaber Al-Bakrs zu verhindern. Genau das haben sie nicht getan, denn sonst wäre der mutmaßliche islamistische Terrorist jetzt nicht tot. Al-Bakr hat nach seiner Festnahme nicht geschwiegen, sondern mit den Ermittlern gesprochen. Somit durften die Polizisten hoffen, in den kommenden Wochen von ihm etwas über den geplanten Anschlag und mögliche Instruktoren und Helfer zu erfahren. Diese wichtige Informationsquelle ist versiegt. Der Mann, der möglicherweise auf einem Berliner Flughafen einen Sprengstoffgürtel zünden wollte, konnte sich in der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit seinem T-Shirt am Zellengitter erhängen. Suizide in Gefängnissen lassen sich nicht immer verhindern. Im Fall Al-Bakr hätte der Freitod aber sehr wohl vereitelt werden können. Ein Mann, der mutmaßlich bereit ist, sich an einem Flughafen in die Luft zu sprengen, ist selbstverständlich suizidgefährdet. Das war auch der Ermittlungsrichterin klar, die bei der Ausstellung des Haftbefehls die Selbstmordgefährdung schriftlich und für die JVA erkennbar dokumentierte. Und da war der Anwalt Al-Bakrs, der das Gefängnispersonal auf die Selbstgefährdung seines Mandanten hinwies. Ganz in den Wind geschlagen wurden diese Warnungen nicht, denn es wurde eine Kontrolle der Zelle im 15-Minuten-Rhythmus angeordnet. Das war der erste Fehler, denn natürlich braucht niemand 15 Minuten, um sich aufzuknüpfen. Nicht einmal 24 Stunden nach der Einlieferung des Häftlings überzeugte dann eine Gefängnispsychologin, die sich nur über einen Dolmetscher mit Al-Bakr unterhalten konnte, ihre Kollegen davon, dass ein 30-Minuten-Überwachungsrhythmus ausreichend sei. Dieser zweite Fehler gab dem Häftling noch mehr Zeit, in der er unbeobachtet war. Das Sächsische Untersuchungshaft-Vollzugsgesetz verbietet die Videoüberwachung. Aber es erlaubt im Paragraphen 49, gefährdete Häftlinge permanent (also persönlich) zu beobachten, oder sie in besondere Zellen zu verlegen, die keine Möglichkeit zum Suizid bieten. Beide Möglichkeiten bestanden in der JVA Leipzig, beide wurden nicht genutzt. Man kann immer darüber streiten, ob jemand suizidgefährdet ist. Im Fall Al-Bakr hätten man jedoch das Schlimmste annehmen und auf Nummer sichern gehen müssen - zumal der Anwalt mit allen Maßnahmen einverstanden war, ja, sie sogar gefordert hatte. »Ich übernehme die politische Verantwortung«, sagte Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU). Um dann hinzuzufügen: »Es gibt aber keinen Grund für einen Rücktritt.« Sagt das nicht alles über diesen Politiker?
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