(neu: Zitate, Sitzung Verteidigungsrat, Maduro)
CARACAS (dpa-AFX) - Der Machtkampf in Venezuela spitzt sich gefährlich zu: Die Opposition kündigte am Mittwoch einen Generalstreik an und drohte mit einem Marsch auf den Regierungssitz. Der sozialistische Präsident Nicolás Maduro rief den Nationalen Verteidigungsrat zusammen und schwor seine Anhänger auf die Verteidigung der bolivarischen Revolution ein. Hunderttausende Regierungsgegner protestierten in der Hauptstadt Caracas und im ganzen Land gegen den Stopp der Vorbereitungen für ein Referendum zur Abwahl Maduros.
Mit venezolanischen Flaggen, weißen Hemden und Ausgaben der Verfassung in den Händen zogen die Demonstranten durch die Hauptstadt. "Lieber sterbe ich hier, als weiter in einer Diktatur zu leben", sagte eine Demonstrantin in Caracas. Auch zahlreiche Regierungsanhänger gingen auf die Straße. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen im Landesinneren wurden nach Angaben der Opposition mehrere Menschen verletzt und Dutzende Demonstranten festgenommen.
Ursprünglich wollte die Opposition am Mittwoch Unterschriften von 20 Prozent der Wahlberechtigten für eine Volksabstimmung zur Abwahl des Präsidenten sammeln. Die Wahlbehörde hatte das Verfahren in der vergangenen Woche allerdings überraschend gestoppt.
Damit rückt ein Machtwechsel in dem südamerikanischen Land in weite Ferne. Wenn nämlich das Referendum erst nach dem 10. Januar kommenden Jahres stattfinden sollte, würden die regierenden Sozialisten laut Verfassung auch im Falle einer Niederlage Maduros bis zum Ende der Amtszeit an der Macht bleiben.
Oppositionsführer Henrique Capriles drohte mit einem Marsch auf den Präsidentenpalast, sollte das Verfahren zur Abwahl Maduros nicht wiederaufgenommen werden. "Stellt die verfassungsmäßige Ordnung wieder her, oder wir kommen am 3. November zum (Regierungssitz) Miraflores", sagte er. Der Exekutivsekretär des Oppositionsbündnisses MUD, Jesús Torrealba, sagte bei einer Kundgebung: "Für kommenden Freitag (28. Oktober) rufen wir zu einem Generalstreik auf. Bleibt alle zu Hause."
Venezuela leidet unter einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Seit dem Sieg der Regierungsgegner bei der Parlamentswahl Ende vergangenen Jahres bekämpfen sich Opposition und sozialistische Regierung. Wegen des niedrigen Ölpreises und jahrelanger Misswirtschaft fehlt es zudem an Lebensmitteln, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs.
Maduro rief am Mittwoch den Nationalen Verteidigungsrat zusammen. "Das Volk unterstützt die Revolution. Die Rechte ist verzweifelt. Sie hat aus dem Norden den Befehl erhalten, die Revolution zu bekämpfen", sagte der Staatschef in Anspielung auf die USA.
Eigentlich waren sich die politischen Lager zuletzt entgegengekommen. Am kommenden Sonntag wollten Regierung und Opposition unter Vermittlung der katholischen Kirche und des Staatenbundes Unasur über eine Beilegung der seit Monaten andauernden politischen Krise verhandeln./nr/DP/he
AXC0277 2016-10-26/23:28