Bielefeld (ots) - Globalisierungsgegner sehen in ihm einen modernen Asterix: den angeblich furchtlosen Kämpfer für die Interessen des kleinen Verbrauchers und Arbeitnehmers in der Europäischen Union. Doch ausgerechnet sein Sieg macht deutlich, worum es dem wallonischen Regierungschef Paul Magnette beim Widerstand gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen wirklich gegangen ist: um selbstsüchtige Interessen einer kleinen Region im kleinen Belgien, wenn nicht sogar nur um ganz egoistische Partei- und Karriereinteressen. Der Zusatz, den Magnette herausgehandelt hat und der nun vermutlich den Weg zum »Comprehensive Economic and Trade Agreement« - kurz Ceta - freimacht, wird keine großen praktischen Auswirkungen haben. Aber er lässt alle, die am Zustandekommen des Vertrags beteiligt gewesen sind, blamiert zurück: Ein Vertrag, der freien fairen Handel garantieren soll, endet mit einem neuen Handelshemmnis. Sollten die belgischen Verbraucher ihre Liebe für kanadisches Rindfleisch in einer Weise entdecken, dass darunter die eigene Produktion leidet, kann die Wallonie wieder aus Ceta aussteigen. Das zeigt: Magnettes Vorbild im gallischen Dorf ist nicht Asterix, sondern eher Obelix. Wegen eines guten Stücks Fleischs stellt der Dicke auch schon mal Verpflichtungen aus Freundschaften gern hintan. Seine Unterstützer sagen nun, der Widerstand der Wallonie habe doch immerhin einige Klarstellungen gebracht. Diese betreffen vor allem die Schiedsgerichtbarkeit - ein Punkt, dessen Details aber erst noch auszuhandeln sind. Immerhin ist festgeschrieben, was nicht sein darf: Dass private Schiedsgerichte Landesrecht außer Kraft setzen. Insofern und wegen weiterer Schutzbestimmungen etwa für Kultur und Daseinsvorsorge gilt Ceta als fortschrittlich - etwa im Vergleich mit Freihandelsabkommen, bei denen sogenannten Entwicklungsländern schon ganz andere Bestimmungen abgetrotzt wurden. In jedem Fall setzt Ceta Maßstäbe für TTIP, das geplante Abkommen der EU mit den USA. Dass dieses doch noch zustande kommt, ist wieder ein bisschen wahrscheinlicher geworden - auch wenn die Neigung beim künftigen US-Staatsoberhaupt, mit dieser EU zu verhandeln, nicht gerade gestiegen sein dürfte. Auch eine Blamage kann lehrreich sein. Nach Brexit und Europas Versagen bei der Aufnahme der Flüchtlinge belegt Ceta erneut, dass Demokratie nicht heißen kann, dass jeder nur seine Interessen durchsetzt. Das Debakel wäre wohl zu verhindern gewesen, wenn die EU-Kommission, aber auch einzelne Staatsführer und vor allem Parteigenossen des Sozialisten Magnette früher auf die Wallonie zugegangen wären. Ein Europa, in dem jeder nur Lorbeeren für sich einkassiert und alles Unangenehme nach Brüssel abschiebt, kann und wird nicht funktionieren.
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