Regensburg (ots) - Wie sich die Dinge wandeln. Als sich im Sommer vor acht Jahren der junge US-Demokrat Barack Obama um die Präsidentschaft bemühte, gab sich die deutsche Kanzlerin sehr bedeckt. Nicht einmal vor dem symbolträchtigen Brandenburger Tor ließ sie den Yes-we-can-Bewerber auf seiner Europa-Tour in Berlin auftreten. Obama lockte dennoch Tausende Menschen an die nahe gelegene Siegessäule. Das Verhältnis der beiden wichtigsten Politiker der westlichen Welt hat sich in den vergangenen Jahren allerdings gründlich verändert. Die so ungleichen Merkel und Obama haben in den Herausforderungen der Zeit Vertrauen, ja sogar Sympathie füreinander entwickelt. Das ging so weit, dass der scheidende Präsident nun gar die Trommel für Merkels erneute Kanzler-Kandidatur rührte. Die klare Parteinahme für die deutsche Regierungschefin, für die Konservative mit dem Drang zu Reformen und einer auch in den eigenen Reihen umstrittenen Flüchtlingspolitik, ist auf dem diplomatischen Parkett äußerst ungewöhnlich. Für Angela Merkel mag die unerwartete Wahlkampfhilfe Obamas nun den Ausschlag gegeben, sich bereits am Sonntag in der schon lange wabernden K-Frage der Union offiziell zu äußern. Alles deutet daraufhin, dass sie zur besten Fernsehsendezeit nach 19 Uhr ihre erneute Bewerbung um das Amt der Kanzlerin abgeben wird. Und nicht etwa erst auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Köln. Dabei war schon lange nicht mehr die Frage, ob Merkel zu ihrer vierten Spitzenkandidatur antreten werde, sondern wann sie dies verkünden würde. Dass die 62-Jährige einstige Physikerin aus der DDR ihre atemberaubende Polit-Karriere fortsetzen wird, hat zahlreiche Gründe, die dafür sprechen. Und nur wenige, die gegen Merkels erneutes Antreten ins Feld geführt werden können. Das Pro überwiegt in der Abwägung eindeutig. Ein Pfund Merkels ist zweifellos ihre internationale Erfahrung und das Vertrauen, das sie sich in zahllosen Verhandlungsrunden und persönlichen Begegnungen mit Dutzenden Regierungschefs und Präsidenten erworben hat. Auf die Deutsche schaut besonders die tief zerstrittene Europäische Union. Angela Merkel, und nicht etwa EU-Repräsentanten wie Jean-Claude Juncker, ist das Gesicht der Europäer. Sie ist angesichts der Fliehkräfte innerhalb der 28er Gemeinschaft sozusagen das Gravitationszentrum der Staatengemeinschaft und zugleich die wichtigste Krisenmanagerin. Ähnliche, freilich überzogene, Heilserwartungen galten Merkel auch lange Zeit in der christlichen Parteienfamilie von CDU und CSU. Die einmütige Unterstützung Merkels hat allerdings einen tiefen Riss bekommen. Spätestens seit dem Spätsommer 2015, als Hunderttausende Bürgerkriegsflüchtlinge lange Zeit unkontrolliert ins Land strömten, herrscht in dieser brisanten Frage bitterer Streit zwischen München und Berlin, zwischen Seehofer und Merkel. Die Wir-schaffen-das-CDU-Chefin beruft sich auf Humanität und das Grundrecht auf Asyl, während der Obergrenzen-Bayer den Unmut vieler Landsleute im Auge hat und dadurch den nächsten Wahlerfolg der machtverwöhnten Christsozialen 2018 im Freistaat gefährdet sieht. Eine Einigung in diesem politischen Grundverständnis ist nicht zu erwarten. Praktisch politisch hat Merkel allerdings längst zurück gerudert und den Flüchtlingszustrom gehörig reduziert, auch wenn sie das Wort Obergrenze nicht in den Mund nehmen mag. Die wahrscheinliche Zustimmung Seehofers zu Merkels erneuter Unions-Kanzlerkandidatur mag mit geballter Faust in der Hosentasche erfolgen. Doch auch dem CSU-Chef ist klar, eine wirkliche personelle Alternative zur CDU-Chefin hat auch seine Partei nicht zu bieten. Wer sollte es denn sonst machen, wenn nicht Merkel?
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