Die Europäische Zentralbank (EZB) hat wie erwartet die Leitzinsen unverändert gelassen, ihr Anleihekaufprogramm aber verlängert. Die Notenbanker wollen nun bis mindestens Dezember 2017 Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen. Dabei wird die monatliche Summe zunächst bis Ende März 2017 unverändert bei 80 Milliarden Euro bleiben, dann auf 60 Milliarden Euro reduziert. Zugleich kündigte die EZB an, die monatlichen Käufe wieder aufzustocken, sollte die Inflationsentwicklung hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Markterwartungen deutlich übertroffen
Damit wächst das bislang auf 1,74 Billionen Euro angelegte Anleihen-Kaufprogramm zur Stützung der Konjunktur (vorerst) um weitere 540 Milliarden Euro auf 2,28 Billionen Euro. Und das übertraf die Markterwartungen deutlich. Experten hatten zuvor eine Verlängerung um lediglich sechs Monate prognostiziert, bei einer schrittweisen Reduzierung des monatlichen Volumens um jeweils 10 Mrd. Euro. Damit hätte die Aufstockung lediglich 280 Milliarden Euro betragen.
Kein Tapering!
EZB-Chef Mario Draghi deutete an, dass die EZB wohl deshalb keine schrittweise Reduzierung des Ankaufvolumens vorgenommen hat, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es sich dabei um den Beginn des Taperings handelt, also um den Einstieg in den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik. Vermutlich fürchtete die EZB, dass in diesem Fall die Zinsen weiter angestiegen und die Ziele der Geldpolitik damit unerreichbar geworden wären.
EZB erweitert ihre selbst gesteckten Grenzen
Um mögliche Engpässe am Markt zu vermeiden und für eine reibungslose Durchführung der Anleihekäufe zu sorgen, hat die EZB die Modalitäten des Programms geändert und ihre eigenen Grenzen dabei weiter gesteckt. Ab Januar 2017 kann die Notenbank auch Anleihen kaufen, die eine Verzinsung unterhalb des Einlagensatzes von -0,4 Prozent haben. Zudem wurde die Mindestrestlaufzeit für kauffähige Wertpapiere von zwei Jahren auf ein Jahr verringert. Die EZB will diese neuen Grenzen aber nur dann nutzen, wenn dies erforderlich wird.
Unerwartete Marktreaktionen
Die Kursreaktionen der Märkte auf die Entscheidung der EZB waren zum Teil unerwartet. Eigentlich hätte man denken können, dass die deutliche Ausweitung des QE-Programms zu deutlich steigenden Aktien- und Anleihenkursen sowie einem schwächeren Euro führt. Doch stattdessen stieg der Euro in einer ersten Reaktion zum US-Dollar deutlich an, der DAX gab seine Tagesverluste vollständig ab und der Bund-Future brach kräftig ein. Erst im weiteren Verlauf entwickelten sich die Kurse erwartungsgemäß.
Damit hat die Börse wieder einmal genau das getan, womit wohl im ersten Moment niemand gerechnet hatte. Bei der US-Wahl war es noch genau umgekehrt. Hier folgten die Märkte in der ersten Reaktion exakt den Erwartungen, um dann plötzlich das genaue Gegenteil der Expertenmeinungen zu tun. - Die Kurse bleiben also bei wichtigen Ereignissen völlig unkalkulierbar. Das ist aber eigentlich absolut typisch für die Börse (Stichwort: Sentiment als Kontraindikator).
Anschlusskäufe verstärken das bullishe Signal im DAX
Für den DAX kam die EZB-Entscheidung genau richtig. Sie führte zu Anschlusskäufen, was den bullishen Ausbruch aus der Seitwärtsrange nachhaltiger macht. Erst an der Rechteckgrenze bei 11.170 Punkten kam es zu einem vorläufigen Ende der Aufwärtsrallye (roter Pfeil).
Aus Sicht der Target-Trend-Methode hat der DAX damit bislang alles richtig gemacht. Denn eine Konsolidierung am Rechteckübergang wäre nun absolut idealtypisch. Kommt es hier nur zu kleineren Rücksetzern, dann könnten die Bullen damit Schwung holen für den weiteren Anstieg. Die Börsenampeln stehen nun also erst einmal auf Grün! Zumal auch die US-Indizes inzwischen mitgezogen sind und neue Allzeithochs markiert haben.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus