Bielefeld (ots) - Aleppo ist gefallen. Es ist das Stalingrad Syriens, die Wende im Bürgerkrieg. Von Gräueln an der Zivilbevölkerung ist die Rede. Aber niemand kann sagen, wer die Massaker auf flüchtende Familien, Frauen und Kinder verübt hat. Es könnten Assads Schergen sein, es könnten aber auch die Islamisten sein, die die Zivilisten oft als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Aleppo wird nicht nur als Wendepunkt des Bürgerkriegs, sondern auch als Friedhof der Menschlichkeit in die Geschichte Syriens und des Nahen Ostens eingehen. Die Opfer sind, wie in jedem Krieg, die Zivilisten - und die Wahrheit. Humanitäre Korridore hat es bislang nicht gegeben. Aber auch das war keine Frage der Menschlichkeit der Kriegsgegner, sondern der Zeit. Man wollte vollendete Tatsachen schaffen, bevor Trump ins Weiße Haus einzieht. Nun, da Aleppo gefallen ist, werden Assad, die Russen und die Iraner diese Korridore wohl bald zulassen. Irgendjemand muss Aleppo wieder aufrichten, die Trümmer beiseite räumen. Das nächste Ziel wird dann Rakka sein, die Hauptstadt des Islamischen Staats, im Nordwesten Syriens. Hier ist die Lage komplizierter. Zwar gilt auch hier das große Ordnungsschema zum Verständnis für die derzeitigen Verhältnisse in Nahost: Schiiten gegen Sunniten. Aber hier kommt auch die kurdische Frage ins Spiel. Denn die Kurden wehren sich gegen die (sunnitischen) Truppen des türkischen Despoten Erdogan, der trotz aller öffentlichen Verlautbarungen die sunnitischen Brüder des Terrorgebildes IS nicht fallen lassen will. Sein Einmarsch in Syrien gilt nicht einem imaginären Kampf gegen den Islamischen Staat, sondern dem Krieg gegen die Kurden. Die werden in ihrem Kampf gegen die türkischen Invasoren nun von Assads Truppen und auch von den Russen unterstützt. Nach dem Fall Aleppos wird dieser Konflikt nun offenbar werden, weil Assad und seine Verbündeten ihre Kräfte auf den Fall von Rakka konzentrieren dürften. Für die Russen ist ein Diktator Assad von Moskaus Gnaden allemal wichtiger als Erdogan. Und wenn Putin auch noch die Kurden als Verbündete in der Region gewinnen kann, dann erst recht. Der künftige US-Präsident Trump wird mit Putin über eine neue Lage in Nahost reden. Für ihn, wie übrigens auch für die Israelis, ist ein durch Bürgerkrieg und Zerstörung geschwächter und abhängiger Assad allemal besser als ein islamistisches Regime in Damaskus. Terroristisch sind beide Seiten. Die Islamisten aber bekämen Zulauf aus aller Welt. Viel mehr als Assad fürchtet Trump jene Fanatiker, die statt der Twin-Towers auch den Trump-Tower in Schutt und Asche hätten legen können. Und wenn es in der noch undurchsichtigen künftigen Außenpolitik Washingtons eine Konstante geben wird, dann diese: keine Gnade für Islamisten.
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