Bielefeld (ots) - NRW-Chefin Hannelore Kraft hat keinen Bock auf Fakten. Sie tut die Statistiken der Opposition als »Schlusslicht-Gequatsche« ab. So praktisch ist postfaktisch. CDU-Fraktionschef Armin Laschet möchte dagegen streiten und gibt den Terrier: »Ich als Ministerpräsident ab Mai sage Ihnen...« In Düsseldorf dräut Wahlkampf, im Mai wird gewählt. Die gestrige Haushaltsdebatte war die letzte Möglichkeit, nüchtern und sachorientiert Bilanz zu ziehen. Und die fällt ziemlich mies aus: Eine über Jahre betrachtet schwache wirtschaftliche Dynamik, eine höhere Arbeitslosigkeit als jedes andere westdeutsche Flächenland und der mit Abstand höchste Schuldenberg aller Bundesländer illustrieren den Handlungsdruck auf die Politik. Das behaupten nicht nur die Besserwisser von der Opposition, das schreibt das Institut der Deutschen Wirtschaft in einem Gutachten zur Lage nach knapp sieben Jahren Rot-Grün an Rhein und Ruhr. Während der Bund und fast alle anderen Bundesländer ohne neue Schulden auskommen, ließ sich der NRW-Finanzminister gestern wieder einen tiefen Schluck aus der Kredit-Pulle genehmigen: Ohne 1,6 Milliarden frisches Geld von den Banken glaubt Norbert Walter-Borjans nicht über die Runden zu kommen. Wann will dieses Land endlich anfangen, die seinen Kindern und Kindeskindern aufgehalsten Kredite abzustottern? Noch ist NRW das Stammland der Sozialdemokratie, aber die SPD-Ministerpräsidentin ist in die Defensive geraten. Weder ihr weiter Bogen um Gabriel und Co. - »nie, nie nach Berlin« - noch die Heile-Welt-Botschaften von gestern können das ausblenden. Kraft listet auf, was in der Tat alles erreicht wurde, spricht von Investitionen in Verkehr, IT-Technik und Personal für Polizei und Bildung. Aber sie verweigert die Debatte über die Kernfrage: Weshalb Deutschland überall boomt, nur nicht in ihrem Bundesland. Denn die Steuern sprudeln bundesweit. Was also ist die NRW-spezifische Leistung? Und Kraft hat noch ein Problem: In Ihrem Kabinett geben nur noch grüne Köpfe den Ton an, viele ihrer roten Ressortchefs sind in Wahrheit farblos. Hand aufs Herz: Wer würde die NRW-Minister Garrelt Duin oder Rainer Schmeltzer auf der Straße erkennen? Sie sind zuständig für Wirtschaft und Arbeit. Neben Kraft gibt es fast nur grüne Schwergewichte wie Johannes Remmel und Sylvia Löhrmann. Der Umweltminister spielt der Windkraftlobby gerne Lizenzen zum Gelddrucken zu und die Schulministerin pendelt unentschieden zwischen G8 und G9. Beides sorgt zwar für Aufmerksamkeit, nicht aber für Sympathie. Kraft wird mehr und mehr zu einer Getriebenen. Sie verliert zusehends den Status einer handelnden Landesmutter mit ein wenig Charisma à la Johannes Rau.
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