Regensburg (ots) - Im Jahr 2030 - da sind gerade noch 13 Jahre hin - fehlen in Deutschland eine halbe Million Fachkräfte in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Eine Prognose, die Angst macht. Sie nährt die Vorstellung, dass es irgendwann Pflegebatterien geben wird. Riesige Altenheime, in denen die Menschen bis zu ihrem Ende zwar körperlich versorgt werden, aber jede Form von persönlicher Zuwendung fehlt. Eine Utopie? Mitnichten! Es gibt bereits Investoren, die sich für ein Pflegeheim mit 3000 Betten in Niederbayern stark machen. Doch so weit muss es nicht kommen. Noch ist der Pflegekräftemangel in den Griff zu bekommen. Das dringlichste Problem ist das Image. Wenn junge Menschen nach der Schule an ihre Ausbildung denken, steht die Altenpflege auf den hinteren Plätzen, stellte das Servicenetzwerk Altenpflegeausbildung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bereits 2010 fest. Die Arbeit gilt als anstrengend, schlecht bezahlt und mit geringen Aufstiegschancen. Nur jedes zehnte Mädchen und jeder 50. junge Mann zeigt Interesse an diesem Berufszweig. Mit höherem Schulabschluss sinken diese Zahlen noch weiter. Umgekehrt ist aber für 90 Prozent der Pflegebedürftigen qualifiziertes Pflegepersonal ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl eines Seniorenheims. Um diese Lücke zu schließen, müssen unangenehme Fragen gestellt werden. Warum ist die Arbeit von Krankenschwestern mit mehr Respekt und auch mit mehr finanzieller Anerkennung belegt? Warum sollte der eine Beruf mehr wert sein als der andere? In Altenheimen und bei ambulanten Pflegediensten wird ein ebenso unverzichtbarer Dienst am Menschen geleistet. Eine strikte Trennlinie ist aufgrund einer immer älter werdenden Gesellschaft sowieso kaum noch zu ziehen. Krankenschwestern sind auch Pflegekräfte und Pflegekräfte übernehmen immer mehr Aufgaben aus dem medizinischen Bereich. Einen Ausweg aus dem Dilemma liefert das neue Pflegeberufsgesetz. Eine gemeinsame Ausbildung für Pflegekräfte, Krankenpfleger und Kinderkrankenpfleger, an deren Ende sich die Absolventen entscheiden können, wo sie ihren Schwerpunkt setzen. Doch es wird massiv Stimmung gegen dieses Vorhaben gemacht. Weil die Ausbildung von Pflegekräften teurer wird, ebenso wie die Weiterbeschäftigung. Kostenträger, die sich gegen diese höheren Kosten sperren, argumentieren fadenscheinig mit höheren Abbrecherquoten. Aber das Gegenteil wird der Fall sein: Das Pflegeberufsgesetz wird die Ausbildung attraktiver machen. Das noch in manchen Köpfen verankerte Windelwechsler-Image wäre endgültig ausgeräumt. Das wird dazu führen, dass sich mehr Schulabgänger und damit auch ausreichend qualifizierte, für den Beruf interessieren. Langfristig wird die Zusammenlegung der Ausbildung einen Wandel in den Pflegeberufen bringen, weil die Bezahlung gerecht sein wird und weil der Beruf viele neue Perspektiven bietet, insbesondere auch, weil er den Weg in ein Pflegestudium ebnet. Doch das alles wird noch nicht reichen, um die geburtsstarken Jahrgänge im Alter gut zu versorgen. Nachbarschaftshilfen, Senioren-WGs, Demenzgruppen - auch Privatinitiativen werden dringend gebraucht. Ehrenamtliches Engagement wird in Zukunft einen weitaus größeren Raum einnehmen, als man es heute kennt. Der Student, der für die Seniorin von nebenan die Einkäufe übernimmt. Die rüstige Rentnerin, die ihrer Freundin die Tabletten verabreicht. Der Kirchenkreis, der wöchentliche Demenzgruppenstunden anbietet. Es gibt so viele Möglichkeiten. Wenn wir nicht in Pflegebatterien den Lebensabend verbringen wollen, dann müssen alle anpacken.
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