Von Max Colchester, Devlin Barrett und Jenny Strasburg
WASHINGTON (Dow Jones)--In einem ungewöhnlichen Schritt hat das US-Justizministerium gegen die britische Bank Barclays Klage eingereicht, nachdem es nicht gelungen ist, den Streit um hypothekenbesicherte Wertpapiere durch einen Vergleich beizulegen. Dies geht aus den Dokumenten hervor, die bei einem US-Bundesgericht in New York eingereicht wurden. Barclays wollte sich zu der Klage nicht äußern.
Die sogenannten "toxischen" Wertpapiere werden für die Entstehung der Finanzkrise im Jahr 2008 mitverantwortlich gemacht. Während der langwierigen Verhandlungen sollte die Rolle von Barclays beim Verkauf dieser Papiere beleuchtet werden.
Die Bank hatte im Sommer Rückstellungen von 2,5 Milliarden britische Pfund für Strafzahlungen und Rechtsstreitigkeiten gemeldet. Neben der Klage des US-Justizministeriums ist Barclays wegen der hypothekenbesicherten Wertpapiere mit einer Reihe zivilrechtlicher Klagen konfrontiert. Die Bank verkauft derzeit Aktiva in Europa und Afrika, um ihr Eigenkapital zu stärken.
Anleger fürchten, dass eine hohe Strafzahlung die Kapitalposition des Geldhauses schwächen wird. Der nun anstehende Prozess wird die Unsicherheit um eine Einigung verlängern und mutmaßlich den Kurs der Barclays-Aktie drücken.
Es ist sehr ungewöhnlich, dass das US-Justizministerium gerichtlich gegen eine Bank vorgeht. Normalerweise werden derartige Streitigkeiten mit Vergleichen beigelegt.
In der 198 Seiten umfassenden Klageschrift der US-Regierung wird Barclays vorgeworfen, sich zwischen Dezember 2005 und 2007 "an einem betrügerischen System" beteiligt zu haben, das mit Wohnimmobilien besicherte Wertpapiere (RMBS) im Volumen von mehren 10 Milliarden Dollar verkauft habe. Dabei seien Anleger wiederholt über die Eigenschaften der Kredite getäuscht worden, mit denen diese RMBS besichert waren. In der Klageschrift heißt es ferner, dass die Bank "systematisch und absichtlich wesentliche Merkmale dieser Kredite falsch dargestellt" habe. Diese hätten sich als "katastrophale Ausfälle" erwiesen. Mehr als die Hälfte der Kredite, mit denen die Titel unterlegt waren, seien nicht bedient worden. Anleger hätten daher Milliarden Dollar verloren. Während der Restlaufzeiten der Papiere dürften nochmals mehrere hundert Dollar an Verlusten entstehen.
Die Entscheidung des Justizministeriums, gerichtlich gegen Barclays vorzugehen, fällt in die letzten Tage der Regierungszeit des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama. Der Prozess wird daher von Mitgliedern der Trump-Administration weiterbetrieben. Die Einreichung der Klage zeigt, dass es dem Justizministerium wichtig ist, die laufenden Ermittlungen zu Vorfällen an der Wall Street abzuschließen, ehe die von Obama eingesetzten Amtsträger im kommenden Monat ihre Posten verlassen.
Die Anwälte des Justizministeriums verhandeln auch mit der Deutschen Bank und Credit Suisse wegen ähnlicher Vorwürfe. Diese Verhandlungen kommen zwar voran, sind nach Angaben von informierten Personen aber noch nicht so weit fortgeschritten, dass eine Einigung sicher sein könnte.
Das Scheitern der Verhandlungen mit Barclays steht in scharfem Gegensatz zu vorangegangen Fällen, in denen das Justizministerium gegen Banken vorging, die Kunden über die Qualität der Immobilienkredite täuschten, mit denen die Wertpapiere besichert waren. So haben die Bank of America, J.P. Morgan Chase & Co und andere Banken in die Zahlung von zusammen mehr als 40 Milliarden Dollar in Form von Entschädigungen und Hilfsmaßnahmen für Verbraucher eingewilligt.
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December 22, 2016 17:11 ET (22:11 GMT)
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