Bielefeld (ots) - Ein Blick auf Berlin Ende 2016: Ein Lkw rast über den Weihnachtsmarkt und hinterlässt eine Spur des Todes, eine junge Frau wird völlig unvermittelt brutal von hinten von einer Rolltreppe getreten, ein Obdachloser entgeht in einer U-Bahn-Station nur knapp einem Brandanschlag. Drei Fälle, die die Stadt, das Land aufgerüttelt haben. Nach derartig spektakulären Anschlägen oder Straftaten werden schnell harte Konsequenzen gefordert. Aktuell diskutiert Deutschland über das Für und Wider von mehr Videoüberwachung. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob mehr Kameras mehr Sicherheit bringen? Und rechtfertigt dies einen Eingriff in die Grundrechte eines jeden Bürgers? Für die Bevölkerung scheint die Sache klar zu sein: Eine Mehrheit von 60 Prozent ist für mehr Kameras in öffentlichen Räumen, wie die Umfrage eines Meinungsforschungsinstitutes ergab. In Großbritannien ist die großflächige Videoüberwachung seit Langem gängige Praxis. Wer beispielsweise in London lebt, der weiß, dass er an fast jeder Ecke von einer Kamera gefilmt wird - ganz gleich, ob im Supermarkt, in der U-Bahn oder auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Am Nutzen gibt es aber Zweifel. Zwar gelingt immer wieder einmal - wie auch in Berlin - die Identifizierung einzelner Täter, der Anteil der Kamerabilder an der Gesamtaufklärung ist aber überraschend gering. So weist eine Statistik aus dem Jahr 2008 auf, dass nur drei Prozent aller Straftaten in London durch Videoaufnahmen aufgeklärt werden konnten. Zweifel kommen zudem auch am präventiven Nutzen auf. Das gerade gilt auch für Berlin: Der tödliche Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt wäre durch Videoüberwachung nicht verhindert worden. Und doch stellt sich die Frage, ob die Kameras dazu geführt hätten, die Fahndung zu verbessern. Diese Debatte müssen wir trotz der Erfahrungswerte aus Großbritannien in Berlin, in Köln und in Bielefeld führen. Und zwar nach belastbarer Überprüfung. Und trotz aller Sorgen, die uns umtreiben, dürfen wir die warnenden Visionen eines George Orwell nicht vergessen. Um ein subjektives Sicherheitsempfinden zu schaffen, wird jede Anonymität dort abgeschafft. Sein düsterer Roman "1984", der die Folgen eines totalitären Überwachungsstaates beschreibt, darf keine Blaupause für das 21. Jahrhundert werden.
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