Regensburg (ots) - Im Wahlkampf ging der Flirt von Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin noch als Kuriosität durch. Wenige Tage vor Einzug in das Oval Office lässt das standfeste Bestreiten der russischen Cyber-Einmischung in die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen alle Alarmglocken läuten. Zumal die von den US-Geheimdiensten vorgelegte Beweislage erdrückend ist. Doch statt eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen die russischen Hacker zu fordern, attackiert Trump die Profis in den Sicherheitsbehörden und die Analysten in den Medien. "Lächerlich" seien die Vorwürfe, postuliert er, und zitiert als Kronzeugen Julian Assange, den er vor nicht allzu langer Zeit wegen Verrats noch zu Tode verurteilt sehen wollte. Widerspruchslos vollziehen die Anhänger des Rechtspopulisten die Kehrtwende mit. George W. Bushs ehemaliger Redenschreiber Michael Gerson erkennt dahinter eine "Kinder-Ethik", die Assange und Putin in den Stand der "Guten" heben, weil sie Trump geholfen hatten. Das mag ein Ansatzpunkt sein, die Bewunderung Trumps für den russischen Staatschef zu erklären. Er sieht in Putin einen Verbündeten, der ihm den Weg zur Macht mit der massiven Einmischung in die inneren Angelegenheiten ebnen half. Moskau verfolgte in den USA, wie nun auch vor den Wahlen in Frankreich, Deutschland, Österreich und den Niederlanden, ein klares Ziel: Es versucht, das Vertrauen der Bürger in die liberalen Demokratien des Westens zu untergraben. Während das russische Kalkül hinter der Kombination aus Hackerangriffen, Falschnachrichten in den sozialen Medien und klassischer Propaganda via RT News auf der Hand liegt, bleibt rätselhaft, warum sich der sonst so kraftmeiernde Trump wie ein Streichelkater vor die Füße des russischen Bären legt. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner, John McCain, warnt vor den Konsequenzen einer solchen Haltung für die nationale Sicherheit. Demonstrativ besuchte er zur Jahreswende die Ukraine, um an die Aggression auf der Krim-Halbinsel zu erinnern. Der künftige US-Präsident scheint seinerseits willens zu sein, die Annexion zu akzeptieren. Kein Wunder, dass laut abgefangener Kommunikation nach dem Wahlsieg Trumps im Kreml die (Krimsekt-)Korken knallten. Der "Washington Post"-Kolumnist Eugene Robinson vermutet den Schlüssel zu Trumps Liebe zu Russland in der Steuererklärung des Multimilliardärs. Demnach könnte sein Bauimperium am Tropf russischer Kredite hängen, die er nicht gefährden will. Andere Analysten spekulieren über einen großen Strategie-Schwenk in der US-Außenpolitik, deren künftige Säule ein "Trump-Putin"-Pakt werde. Dieser richte sich gegen die Volksrepublik China und ginge zulasten West-Europas und speziell Deutschlands, dessen Wirtschaft vom Außenhandel lebt. Ein solcher Schwenk käme einem Paradigmenwechsel gleich, der die Stabilität der Nachkriegsordnung in Europa in bedenklicher Weise aufs Spiel setzte. Es bleibt zu hoffen, dass der künftige Verteidigungsminister, General a. D. James N. Mattis, und andere Konservative dem künftigen Präsidenten die Gefahren einer solchen Politik vor Augen führen. Gemessen an seinem Umgang mit den Geheimdiensten, die Trump in zwei Wochen unterstehen werden, gibt es leider wenig Anlass darauf zu setzen, dieser Präsident werde sich einhegen lassen. Bestenfalls löst sich das Rätsel hinter Trumps hartnäckiger Ignoranz der russischen Einmischung mit bloßer Eitelkeit auf. Niemand soll denken, der Populist habe die Wahlen nur mit russischer Hilfe gewinnen können. Eitelkeit ist aber, ebenso wie Ignoranz, ein gefährlicher Wesenszug für einen Mann, der in Kürze die Geschicke der USA lenken wird.
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