Bielefeld (ots) - Reflexe - was sich im Sport für beispielsweise Torhüter als elementar herausstellt, ist für Politiker in der Regel ein Armutszeugnis. Der laute Ruf nach Fußfesseln, Videoüberwachung im öffentlichen Raum oder Inhaftierungen von Gefährdern wirkt überkandidelt und aktionistisch. Der Ertrag für die Innere Sicherheit: Überschaubar - tendiert gegen Null. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) scheint es mit ihren Forderungen nach zunehmender Überwachung mehr um ihre politische Außenwirkung zu gehen, als um die Sicherheit einer Nation. Wer hat die Lufthoheit am Bildschirm? Darauf kommt es im Wahljahr 2017 schließlich an. Oder etwa nicht? Sowohl Maas' als auch de Maizières Argumentationen erwecken den Anschein, als hänge die Innere Sicherheit des Landes allein von der Durchführung ihrer aufgeführten Maßnahmen ab. Fußfessel, Gewahrsam, Videoüberwachung - inwiefern einzelne Vorkehrungen präventiv überhaupt Sinn ergeben oder gar rechtlich umzusetzen sind, scheint dabei Nebensache zu sein. Ein Beispiel: Mit der flächendeckenden Aufstellung von Videokameras wird George Orwells fiktiver Roman "1984" plötzlich ganz aktuell. Was aber soll sich dadurch ändern? Überwachungskameras können sehr wohl dabei helfen, bereits begangene Verbrechen aufzuklären, ein präventiver Effekt ist aber nur bedingt festzustellen. Was wäre denn passiert, wenn der Weihnachtsmarkt in Berlin zur Zeit des Terroranschlags per Video überwacht worden wäre? Wäre der Angriff nicht durchgeführt worden? Wohl kaum. Hätte es weniger Verletzte und Todesopfer gegeben? Sicher nicht. Wäre Anis Amri eher gestellt worden? Vielleicht. Hätte sich die Gewissheit der stetigen Überwachung auf die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt ausgewirkt? Durchaus möglich. Natürlich ist nach Berlin der Schrei nach mehr Sicherheit, die Forderung nach Videoüberwachung, Fußfesseln und Co. groß. Aber zu welchem Preis? Das alles geht auf Kosten der Privatsphäre. Zweifelhaft, ob das den Menschen eine ständige Überwachung an allen Orten wirklich wert ist. Die öffentliche Debatte muss anspruchsvoller werden. Vor- und Nachteile einer jeder Maßnahme sollten gründlich abgewogen werden. Reflexartige Forderungen sind Fehl am Platz.
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