Bielefeld (ots) - Die politische Entwicklung in den meisten osteuropäischen Ländern ist alles andere als erfreulich. Die ehemaligen Sowjetrepubliken leiden unter dem immer bedrohlicher werdenden Einfluss von Putins Russland, und in den Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts wird die vor 25 Jahren unter großen Anstrengungen erkämpfte Demokratie von populistischen Nationalisten wieder aufs Spiel gesetzt. Da lohnt ein Blick auf den nordöstlichen Außenposten der Europäischen Union, das kleine Land Estland. Unvergessen ist die Art, wie die Esten sich 1990 ihre Freiheit von den sowjetischen Besatzern eroberten - durch die "singende Revolution". Hunderttausende sangen bei Kundgebungen estnische Volkslieder und vor allem die zu Zeiten der UdSSR verbotene estnische Nationalhymne. Nach der Aufnahme Estlands in die Europäische Union im Jahr 2004 entwickelte sich das kleine Land mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern zu einem Musterschüler der EU. Mutige Reformen und eine geradezu entfesselte Internet-Wirtschaft brachten dem nördlichsten der drei baltischen Länder eine erstaunliche ökonomische Entwicklung. 2011 bereits konnte der Euro eingeführt werden. Bis heute gehört Estland zu den wenigen EU-Ländern, die die Stabilitätskriterien der Union tatsächlich erfüllen. Großen Anteil an dieser Reform- und Wirtschaftspolitik hat Toomas Hendrik Ilves, von 2006 bis 2016 estnischer Staatspräsident. Er und die von ihm vorangetriebene digitale Transformation haben wesentlichen Anteil daran, dass der nationalistische Populismus in Estland bis heute keine Chance hat. Es wäre schön, wenn es in Europa mehrere Estlands gäbe. Der Bertelsmann-Stiftung ist zu ihrem Preisträger von 2017 zu gratulieren.
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