Hagen (ots) - Die erste Woche mit dem US-Präsidenten Trump hat in der EU den Schulterschluss-Effekt verstärkt, der sich schon nach dem Brexit-Votum der Briten eingestellt hatte: Noch vor dem Amtsantritt hatte Trump aus seiner Verachtung für das europäische Projekt und dessen führende Akteure kein Hehl gemacht. Der Brexit, ließ er wissen, sei eine tolle Sache, der Abgang weiterer Mitgliedstaaten nur eine Frage der Zeit. Trump hat bislang keine Gelegenheit ausgelassen, die Europäer vors Schienbein zu treten. Jetzt empfing er als ersten EU-Regenten ausgerechnet Theresa May, Premierministerin des EU-Separatisten Großbritannien. Sorgfältiger kann man der EU kaum hinreiben, was man von ihr hält: nichts. Im Kreise der 27 anderen Mitgliedstaaten hat das den Korpsgeist belebt. Auf den Sitzungen der Brüsseler Gremien herrscht Fassungslosigkeit über den fortgesetzten Twitter- und Dekrete-Unsinn, der tagtäglich von der anderen Seite des Atlantiks herüberweht. Von wegen "westliche Führungsmacht" - selbst bei notorischen EU-Quertreibern wie Ungarn oder Polen stößt Trumps Ermunterung, dem britischen Beispiel zu folgen, nicht auf Resonanz. Austrittsgelüste seien nirgends zu spüren, berichten Diplomaten. Vielmehr gibt es die Hoffnung, Trump sei, wie der Brüsseler EU-Guru Giles Merritt schreibt, "ein Geschenk an Europas verstörte und zerstrittene politische Führungsfiguren (...) der Kitt, den Europa seit einem Jahrzehnt entbehrt". Und in der Tat: Die Chance besteht, mithilfe Trumps dröhnender Ignoranz genauer zu klären, wofür man selber steht. Doch wäre es verfrüht, Trump zur unfreiwilligen Schubkraft der europäischen Einigung auszurufen. Zu sehr sind die Werte auch innerhalb der EU umstritten.
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