Bielefeld (ots) - Wenn man Martin Schulz so reden hört, könnte man auf die Idee kommen, dass der deutsche Arbeitsmarkt am Boden liege und der Sozialstaat kaputt gespart werde. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der Beschäftigten ist auf einem Rekordstand, gleiches gilt für die Sozialausgaben. Nun ist es nicht so, als wollte der Kandidat Probleme lösen, die überhaupt nicht existieren.
Natürlich gibt es Fälle, in denen es nicht gerecht zugeht - vor allem bei kleinen Renten und Grundsicherung im Alter. Daran muss die Politik arbeiten, und auch das meint Schulz mit Respekt vor der Lebensleistung. Doch daraus einen Gerechtigkeitswahlkampf zimmern, der bis zum 24. September tragen soll?
Der SPD-Kanzlerkandidat hat eine Blase erzeugt, in der er agiert. Darin kommen Flüchtlinge nicht vor. Die sind Merkels Thema und Problem. In seiner Blase erklärt Schulz die rot-grüne Koalition in NRW, die eine ziemlich schlechte Bilanz vorzuweisen hat, zu »einer der erfolgreichsten Landesregierungen in Deutschland«. Das ist »postfaktisch« und »Fake-News« auf einmal, und Realitätsverweigerung obendrauf.
Und wenn die Regierung in Düsseldorf das Vorbild für eine Bundesregierung unter einem Kanzler Martin Schulz sein sollte, dann kann sich die Republik auf was gefasst machen. In erster Linie auf Schulden. Denn dass Schulz, wenn er jemanden angreift, auf Wolfgang Schäuble zielt, ist Methode - und die schwarze Null im Haushalt des Finanzministers der SPD ein Dorn im Auge.
Ob und wie der SPD-Kanzlerkandidat die an der Basis verhasste Agenda 2010 abwickeln will, steht noch nicht fest. Seine Andeutungen sind vorsichtig, dafür preschen Parteilinke wie Andrea Nahles vor. Die Hartz-Reformen haben Spuren hinterlassen: Wunden auf der Parteiseele, die noch nicht verheilt sind, und niedrige Umfragewerte auf Bundesebene. Zumindest das hat Schulz schon korrigiert. In erster Linie holt er von der SPD enttäuschte Nichtwähler zurück - gefolgt von denen, die mit rechten und linken Populisten sympathisieren.
Wenn Schulz in seinen Reden ehemalige Vorsitzende und Kanzler der SPD erwähnt, dann verzichtet er auf Gerhard Schröder, den Agenda-Kanzler. Was Schröder, unterstützt von Franz Müntefering, für das Land geleistet hat, ist eine schwere Hypothek für die Partei. Von dieser will Schulz die Sozialdemokraten zumindest teilweise befreien.
Wie weit er dabei zu gehen bereit ist, hängt auch von den weiteren Reaktionen auf seinen Vorstoß ab. Die Linkspartei spricht derzeit von »Kosmetik«. Für Rot-Rot-Grün muss Schulz den Linken mehr bieten.
In Bielefeld ist er zum ersten Mal ein bisschen konkreter geworden - und greifbar für die politischen Gegner.
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Natürlich gibt es Fälle, in denen es nicht gerecht zugeht - vor allem bei kleinen Renten und Grundsicherung im Alter. Daran muss die Politik arbeiten, und auch das meint Schulz mit Respekt vor der Lebensleistung. Doch daraus einen Gerechtigkeitswahlkampf zimmern, der bis zum 24. September tragen soll?
Der SPD-Kanzlerkandidat hat eine Blase erzeugt, in der er agiert. Darin kommen Flüchtlinge nicht vor. Die sind Merkels Thema und Problem. In seiner Blase erklärt Schulz die rot-grüne Koalition in NRW, die eine ziemlich schlechte Bilanz vorzuweisen hat, zu »einer der erfolgreichsten Landesregierungen in Deutschland«. Das ist »postfaktisch« und »Fake-News« auf einmal, und Realitätsverweigerung obendrauf.
Und wenn die Regierung in Düsseldorf das Vorbild für eine Bundesregierung unter einem Kanzler Martin Schulz sein sollte, dann kann sich die Republik auf was gefasst machen. In erster Linie auf Schulden. Denn dass Schulz, wenn er jemanden angreift, auf Wolfgang Schäuble zielt, ist Methode - und die schwarze Null im Haushalt des Finanzministers der SPD ein Dorn im Auge.
Ob und wie der SPD-Kanzlerkandidat die an der Basis verhasste Agenda 2010 abwickeln will, steht noch nicht fest. Seine Andeutungen sind vorsichtig, dafür preschen Parteilinke wie Andrea Nahles vor. Die Hartz-Reformen haben Spuren hinterlassen: Wunden auf der Parteiseele, die noch nicht verheilt sind, und niedrige Umfragewerte auf Bundesebene. Zumindest das hat Schulz schon korrigiert. In erster Linie holt er von der SPD enttäuschte Nichtwähler zurück - gefolgt von denen, die mit rechten und linken Populisten sympathisieren.
Wenn Schulz in seinen Reden ehemalige Vorsitzende und Kanzler der SPD erwähnt, dann verzichtet er auf Gerhard Schröder, den Agenda-Kanzler. Was Schröder, unterstützt von Franz Müntefering, für das Land geleistet hat, ist eine schwere Hypothek für die Partei. Von dieser will Schulz die Sozialdemokraten zumindest teilweise befreien.
Wie weit er dabei zu gehen bereit ist, hängt auch von den weiteren Reaktionen auf seinen Vorstoß ab. Die Linkspartei spricht derzeit von »Kosmetik«. Für Rot-Rot-Grün muss Schulz den Linken mehr bieten.
In Bielefeld ist er zum ersten Mal ein bisschen konkreter geworden - und greifbar für die politischen Gegner.
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