Am Mittwoch vergangener Woche hatte ich prognostiziert, dass der Anstieg des Bund-Futures nur vorübergehend sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kurs eine mögliche neue Seitwärtsrange (unteres gelbes Rechteck) nach oben verlassen und war wieder tief in die ehemalige Spanne eingetaucht (oberes gelbes Rechteck). Der Anstieg ließ sich mit einer wachsenden Sorgen über die Stabilität der Eurozone und des Euro im Hinblick auf das Superwahljahr 2017 erklären.
Doch im Chart kann man die erwartete Kursschwäche inzwischen erkennen. Diese hat den Bund-Future heute im Tief bereits exakt auf die untere Seitwärtsrange auftreffen lassen. Zwar gilt das Ausbruchsniveau damit bislang lediglich als "getestet" und der Ausbruch als bestätigt, doch ich gehe davon aus, dass sich die aktuelle Abwärtstendenz fortsetzen wird.
Steigende Inflationsraten erhöhen den Druck auf die Notenbanken
Die Gründe dafür hatte ich in der Börse-Intern vom Mittwoch vergangener Woche bereits mitgeliefert: Die steigenden Inflationsraten erhöhen den Druck auf die Notenbanken, aus der lockeren Geldpolitik (weiter) auszusteigen. Und eine weniger expansive Geldpolitik führt zu steigenden Zinsen und damit zu fallenden Anleihekursen - also zu einem schwächeren Bund-Future.
Inflation erreicht die 2-Prozent-Marke
Passend dazu wurden heute neue Daten geliefert: Demnach ist die Inflation in Deutschland erstmals seit fast fünf Jahren auf mehr als 2 Prozent gestiegen. Im Februar kosteten Waren und Dienstleistungen nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Eine so hohe Teuerungsrate wurde zuletzt im August 2012 gemessen.
(Datenquelle: Statistisches Bundesamt, tradingeconomics.com) Inflationsraten in Deutschland
Im Euroraum zogen die Verbraucherpreise im Februar im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 2,0 Prozent an, nach +1,8 Prozent im Januar, wie das Statistikamt Eurostat heute in einer ersten Schnellschätzung mitteilte. Hier stiegen die Preise zuletzt im Januar 2013 so stark.
(Datenquelle: Statistisches Bundesamt, tradingeconomics.com) Inflationsraten der Eurozone
Die nun erreichte Marke in der Eurozone ist besonders markant, weil sie grundsätzlich dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) entspricht. Und weil zuletzt auch viele Konjunkturdaten erfreulich ausfielen (wir berichteten), wird nun wieder fröhlich spekuliert, dass die EZB eher früher als später weitere Schritte folgen lassen könnte. Zur Erinnerung: Die Notenbanker um Mario Draghi hatten erst im Dezember beschlossen, die monatlichen Anleihekäufe ab April von 80 auf 60 Milliarden Euro zurückzufahren.
Anstieg der Energiekosten erreicht seinen Höhepunkt
In der kommenden Woche treffen sich die Währungshüter das nächste Mal. Doch ich wage zu bezweifeln, dass bereits dann (am 9. März) weitere Anpassungen verkündet werden. Denn der Grund für die gestiegenen Inflationsraten sind nach wie vor vor allem die Preise für Energie. In Deutschland verteuerten sich im Februar Heizöl, Benzin und Diesel zusammengenommen um 7,2 Prozent. Und in der Eurozone legten die Kosten für Energie sogar um 9,2 Prozent zu (siehe Grafik), nach +8,1% im Januar.
(Quelle: Eurostat)
Rechnet man die Energie- und Nahrungsmittelpreise heraus, steht im Jahresvergleich nur noch eine magere (Kern-)Inflationsrate von +0,9 Prozent zu Buche.
Bevor wir nun wieder E-Mails erhalten, in denen wir darauf hingewiesen werden, dass die "Kerninflation" die wirkliche Inflation nicht sauber darstellt, da gerade Lebensmittel und Energiepreise doch sehr entscheidenden Faktoren des täglichen Konsums seien, verweise ich auf die Börse-Intern vom 01.02.2017. Darin hatte ich bereits erläutert, dass die Kerninflation lediglich dazu dient, die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise zu glätten. Und für ein noch besseres Verständnis möchte ich Ihnen heute eine Grafik vorstellen:
(Quelle: Eurostat)
Diese zeigt sehr anschaulich, welch starken Effekt die Veränderung der Ölpreise auf die Erzeugerpreise in der EU und im Euroraum hat. Während die durchgezogenen Linien die Preisentwicklung inklusive Energie darstellen, sind bei den gestrichelten Linien die Energiepreise herausgerechnet. Hiermit zeigt sich, dass durch die Kerninflation die Preisentwicklung lediglich deutlich geglättet wird. Auf längerfristige Sicht nähern sich die Inflations- und Kerninflationsraten immer wieder an.
Und nun noch ein vergleichender Blick auf die Entwicklung des Ölpreises im selben Zeitraum von Januar 2008 bis heute:
Es zeigt sich eine klare Korrelation zwischen Öl- und Erzeugerpreisen. Anfang 2016 erreichten die Ölpreise ihr Tief, ebenso die Erzeugerpreise. Seitdem ziehen beide tendenziell an. Doch bei den Ölpreisen ist die Aufwärtsbewegung in inzwischen in eine Seitwärtstendenz übergegangen. Und daher werden die inflationstreibenden Effekte der Ölpreiserholung in den kommenden Monaten auslaufen. Dann geht es mit den Teuerungsraten wieder etwas bergab, worauf ich schon mehrfach an dieser Stelle hingewiesen habe (siehe Grafik u. a. aus der Börse-Intern vom 01.02.2017).
Moderate Inflationsprognosen für Deutschland und die Eurozone
Und daher sagt die EU-Kommission für Deutschland zum Beispiel für dieses Jahr auch lediglich eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,9 Prozent voraus. Für die Eurozone wird nach einer durchschnittlichen Teuerung von 1,7 Prozent in diesem Jahr für 2018 mit 1,4 Prozent sogar schon wieder eine deutlich moderatere Preisentwicklung angenommen.
Steigende Zinsen kommen nicht von der EZB, sondern von der Fed
Deutlich interessanter als die kommende Sitzung der EZB am 9. März ist daher die der US-Notenbank Fed am 14. und 15. März. Denn die US-Währungshüter hatten bei ihrer vorherigen Sitzung am 31. Januar und 1. Februar angesichts des besseren Wirtschaftsumfeldes eine "baldige" Zinserhöhung in Aussicht gestellt. Und wie aus dem Protokoll der Sitzung hervorgeht, waren einige Vertreter der Ansicht, dass eine Anhebung des Leitzinses bereits auf der nächsten Sitzung angemessen sein könnte. Damit wurden die Märkte bereits auf den nächsten Zinsschritt eingestimmt.
Die Fed hat die Märkte geschickt auf den nächsten Zinsschritt vorbereitet
Trotzdem schätzten die Märkte die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im März, gemessen an den Fed-Funds-Futures, lange Zeit nur auf 20 Prozent. Auch mit der jüngsten Rede von Janet Yellen Mitte Februar (siehe Börse-Intern vom 15.02.2017) blieb die Wahrscheinlichkeit noch relativ gering, auch wenn sie immerhin schon auf 40 Prozent stieg. Weitere positive Konjunkturdaten ließen die Zinserwartung dann bis Montag auf 50 Prozent steigen. Und als sich daraufhin noch zwei Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) der US-Notenbank zu Wort meldeten und sich für eine rasche Anhebung der Leitzinsen aussprachen, stieg die Wahrscheinlichkeit auf zuletzt rund 80 Prozent. Und damit käme eine Zinsanhebung auf der kommenden Sitzung für die Märkte wahrlich nicht mehr überraschend, womit die Fed die Märkte sehr geschickt auf diesen Zinsschritt vorbereitet hätte.
Die EZB lässt den Bund-Future steigen, die Fed lässt ihn fallen
Um nun wieder den Bogen zurück zum Bund-Future zu spannen: Die steigenden Inflationsraten erhöhen aktuell den Druck auf die Notenbanken. Doch die EZB wird diesem angesichts des moderaten Inflationsausblicks standhalten. Sie wird weiterhin unbeeindruckt ihre Anleihenkäufe in dem geplanten Maße durchführen und damit auch immer wieder für steigende Kurse - auch im Bund-Future - sorgen.
Die US-Notenbank hingegen hat bereits den Weg für die nächste Zinsanhebung geebnet. Steigende Zinsen in den USA werden auf die anderen Märkte abfärben. So wird über diesen Umweg der Bund-Future unter den anziehenden Inflationsraten leiden. Und deshalb erachte ich die dortigen Kursanstiege als nicht nachhaltig. Stattdessen wird es bei der erwarteten Seitwärtsbewegung bleiben.
Diese kann man zum Beispiel nutzen, indem man bei steigenden Kursen Short-Positionen und bei fallenden Kursen Long-Positionen aufbaut.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus