Im aktuellen Streit mit der Türkei lehnt Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) ein generelles Verbot von Wahlkampfauftritten ausländischer Politiker hierzulande ab. "Ja, es ist schwer zu ertragen, wenn türkische Minister, lupenreine Antidemokraten, bei uns für die Abschaffung von Rechtsstaat und Parlamentarismus in der Türkei werben", sagte die Grünen-Politikerin der "Welt am Sonntag": Wenn aber die öffentliche Sicherheit gewährleistet sei und die Gesetze eingehalten würden, dann könne ein politisch motiviertes Verbot kontraproduktiv sein.
"Es ist eben keine Schwäche sondern ganz im Gegenteil ein Zeichen der großen Stärke unseres Rechtsstaates, dass er auch unliebsame Auftritte, Meinungen und Botschaften aushält." Roths Parteifreund Volker Beck, migrationspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, plädiert hingegen für eine klarere Abgrenzung. "Wahlkampf für die Abschaffung der Demokratie durch türkische Regierungsmitglieder in Deutschland ist unerwünscht", sagte er der Zeitung. "Der Missbrauch von amtlichen Einladungen zu solchen Auftritten ist ein unfreundlicher Akt und wird Konsequenzen haben."
Zwar schützten Versammlungsrecht und Meinungsfreiheit auch die Artikulation von Meinungen, die im Widerspruch zu den Werten der Verfassung stünden. Doch es gebe keinen Grund diese "demokratiefeindliche Kampagne" auch noch zu fördern. "Das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit gebieten nicht die Zurverfügungstellung von Räumen. Der Sturm der Entrüstung aus der AKP gegen diese Raumabsagen aus technischen Gründen ist an Heuchelei schwer zu überbieten und muss zurückgewiesen werden."
Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion pflichtete Beck bei: "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir es nicht tolerieren dürfen, dass die schwerwiegenden innertürkischen Konflikte nach Deutschland exportiert werden", sagte der CSU-Politiker der Zeitung. "Auch wenn es nach dem deutschen Versammlungsrecht nicht einfach ist, private Veranstaltungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, muss alles rechtlich Mögliche ausgeschöpft werden, um Kundgebungen von türkischen Politikern für die vom türkischen Präsidenten Erdogan vorangetriebene höchst besorgniserregende Verfassungsreform auf deutschem Boden zu verbieten." Gerade angesichts der "sehr gespaltenen türkischen Gemeinde in Deutschland" habe er "große Sicherheitsbedenken" bei größeren Kundgebungen, insbesondere wenn Gegendemonstrationen geplant seien.