Bremen (ots) - Ein Hauch von Wahrheit
Ausgerechnet ein nationalistischer Autokrat kommt den Deutschen mit der Faschismus-Keule. "Eure Praktiken unterscheiden sich nicht von den früheren Nazi-Praktiken", ätzt Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Seine Worte sind die kalkulierte Maßlosigkeit eines Staatsoberhaupts, sie belasten das angespannte deutsch-türkische Verhältnis und müssen Empörung auslösen. Aber am schlimmsten schmerzen immer die Vorwürfe, an denen ein Hauch von Wahrheit klebt. Und dass deutsche Behörden Wahlkampfveranstaltungen verbieten, passt tatsächlich nicht in das heutige Deutschland der Freiheit. Es seien ausländische Wahlkampfveranstaltungen, betonen Politiker, die solche Verbote befürworten. Aber das ist nur ein vorgeschobenes Argument. Gegen den Auftritt des Wahlkämpfers Barack Obama im Sommer 2008 in Berlin hatte es jedenfalls keine Wirkung. Im Gegenteil, mehr als 200000 Menschen kamen zur Siegessäule und jubelten ihm zu. Und auch das Argument der Sicherheit, die nur durch Verbote zu gewährleisten sei, verfängt nicht wirklich. Es geht wohl doch darum, dass es die Parolen der türkischen Erdogan-Getreuen sind, für die in Deutschland kein Platz sein soll. Aber Jan Böhmermanns unflätige Schmähungen gehören zur Freiheit ebenso dazu wie die Reden türkischer Nationalisten, sofern sie deutsche Gesetze nicht verletzen. Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland haben einen türkischen Hintergrund, für ihre Stimmen reisen die türkischen Wahlkämpfer an. Dagegen ist nichts zu sagen. Der massenhafte Zuspruch für die Aushöhlung der türkischen Demokratie ist das Problem. Seine Ursachen sind vielfältig, aber sicher gehört die versäumte Integration vieler einstiger Gastarbeiter und ihrer Kinder und Enkel dazu. Die Worte des neuen deutschen Außenministers Sigmar Gabriel klingen angesichts dieser Lage weltfremd. "Wir dürfen das Fundament der Freundschaft zwischen unseren Ländern nicht kaputt machen lassen", sagt Sigmar Gabriel. Aber er hat recht, und noch mehr gilt das für die Freundschaft derer, die schon seit vielen Generationen Deutsche sind, mit denen, deren Familien erst vor wenigen Jahrzehnten aus der Türkei gekommen sind.
OTS: Weser-Kurier newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30479 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2
Pressekontakt: Weser-Kurier Zentraldesk Telefon: +49(0)421 3671 3200 chefredaktion@Weser-Kurier.de
Ausgerechnet ein nationalistischer Autokrat kommt den Deutschen mit der Faschismus-Keule. "Eure Praktiken unterscheiden sich nicht von den früheren Nazi-Praktiken", ätzt Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Seine Worte sind die kalkulierte Maßlosigkeit eines Staatsoberhaupts, sie belasten das angespannte deutsch-türkische Verhältnis und müssen Empörung auslösen. Aber am schlimmsten schmerzen immer die Vorwürfe, an denen ein Hauch von Wahrheit klebt. Und dass deutsche Behörden Wahlkampfveranstaltungen verbieten, passt tatsächlich nicht in das heutige Deutschland der Freiheit. Es seien ausländische Wahlkampfveranstaltungen, betonen Politiker, die solche Verbote befürworten. Aber das ist nur ein vorgeschobenes Argument. Gegen den Auftritt des Wahlkämpfers Barack Obama im Sommer 2008 in Berlin hatte es jedenfalls keine Wirkung. Im Gegenteil, mehr als 200000 Menschen kamen zur Siegessäule und jubelten ihm zu. Und auch das Argument der Sicherheit, die nur durch Verbote zu gewährleisten sei, verfängt nicht wirklich. Es geht wohl doch darum, dass es die Parolen der türkischen Erdogan-Getreuen sind, für die in Deutschland kein Platz sein soll. Aber Jan Böhmermanns unflätige Schmähungen gehören zur Freiheit ebenso dazu wie die Reden türkischer Nationalisten, sofern sie deutsche Gesetze nicht verletzen. Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland haben einen türkischen Hintergrund, für ihre Stimmen reisen die türkischen Wahlkämpfer an. Dagegen ist nichts zu sagen. Der massenhafte Zuspruch für die Aushöhlung der türkischen Demokratie ist das Problem. Seine Ursachen sind vielfältig, aber sicher gehört die versäumte Integration vieler einstiger Gastarbeiter und ihrer Kinder und Enkel dazu. Die Worte des neuen deutschen Außenministers Sigmar Gabriel klingen angesichts dieser Lage weltfremd. "Wir dürfen das Fundament der Freundschaft zwischen unseren Ländern nicht kaputt machen lassen", sagt Sigmar Gabriel. Aber er hat recht, und noch mehr gilt das für die Freundschaft derer, die schon seit vielen Generationen Deutsche sind, mit denen, deren Familien erst vor wenigen Jahrzehnten aus der Türkei gekommen sind.
OTS: Weser-Kurier newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30479 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2
Pressekontakt: Weser-Kurier Zentraldesk Telefon: +49(0)421 3671 3200 chefredaktion@Weser-Kurier.de
© 2017 news aktuell