HAMBURG (dpa-AFX) - Nach dem angekündigten Wechsel der US-Politik hin zu Abschottung und Protektionismus setzt Außenminister Sigmar Gabriel auf eine Neuordnung der Beziehungen zu Asien. Der Kontinent sei eine Schlüsselregion für die Zukunft Deutschlands und Europas, sagte der Minister am Freitagabend auf dem traditionellen Jahrestreffen der deutschen Asienwirtschaft, dem Ostasiatischen Liebesmahl im Hamburger Rathaus. "Deshalb brauchen wir eine Neuausrichtung unserer Asienpolitik." Gleichzeitig betonte der SPD-Politiker aber auch, das bedeute nicht, dass sich Deutschland künftig weniger um die anderen Partner kümmere. "Dass gar das transatlantische Verhältnis an Bedeutung verlieren würde - dem ist nicht so", sagte Gabriel.
Asien beheimate die weltgrößten Wirtschaften, sagte Gabriel. Dort lebten 4,5 Milliarden Menschen, neun der zehn größten Containerhäfen lägen ebenfalls dort. "Das wirtschaftliche Gravitätszentrum verlagert sich nach Asien", betonte Gabriel auf dem 97. Liebesmahl des im Jahr 1900 in Hamburg gegründeten Ostasiatischen Vereins (OAV). Natürlich sei die Region auch voller Widersprüche. So sei Asien beispielsweise der größte Investor in grüne Energie - und gleichzeitig weiterhin der größte Kohlekonsument. Gabriel wies auch darauf hin, dass in Deutschland zwei Millionen Arbeitsplätze direkt vom Asienhandel abhängig seien.
"Über Jahrzehnte hinweg haben wir Asien, allen voran China, als Absatzmarkt für unsere Waren verstanden und als preiswerte Produktionsstätten", sagte Gabriel vor fast 400 Gästen aus rund 20 Nationen. Doch inzwischen sei China längst auf dem Weg zum Technologieexporteur. Politisch müsse sich Deutschland der großen Bandbreite in Asien stärker bewusst werden, forderte der SPD-Politiker. Schließlich befinde sich dort mit Indien die größte und mit Indonesien die größte muslimische Demokratie der Welt.
Eine neue Asienpolitik müsse flexibel sein und dennoch entlang klarer Orientierungslinien geschehen - "basierend auf unseren Interessen und auf unseren Werten". Gabriel wolle verlässliche Regeln für einen freien Handel festlegen. Dazu zählten - im Gegensatz zu den Plänen von US-Präsident Donald Trump - deutlich mehr Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit asiatischen Staaten. Bislang gebe es nur eines mit Korea. "Hier müssen wir Fortschritte machen."
Des weiteren "sollte unsere Neuausrichtung die friedlichen Methoden der Streitbeilegung in Asien fördern", sagte Gabriel. Die Europäer müssten sich in Asien auch dafür engagieren, "dass durch Dialog Spannungen abgebaut, durch internationale Mechanismen und rechtliche Instrumente wie Gerichtshöfe und Schiedsgerichte die heraufziehenden Konflikte rechtlich eingehegt werden".
Auch deshalb wolle er die regionalen Institutionen in Asien stärken und gleichzeitig die asiatische Teilhabe an globalen Institutionen ausbauen. "Wir müssen in den Vereinten Nationen, in formellen und informellen Foren dafür Sorge tragen, dass asiatische Staaten eingebunden sind - und auch bereit sind, ihren Teil zur Lösung der globalen Probleme beizutragen." Zuletzt "sollten wir unsere Neuausrichtung an den universellen Werten, die wir fördern und verteidigen, orientieren", sagte der Außenminister./klm/DP/he
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