Regensburg (ots) - Die erste Reaktion des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum Giftgasangriff auf die Rebellen-Stadt Chan Scheichun war ein ausgestreckter Zeigefinger in Richtung seines Amtsvorgängers Barack Obama. Dessen Unentschlossenheit sei mit dafür verantwortlich, dass der syrische Diktator noch immer Chemiewaffen besitze. Selber schienen Trump die Bilder elendig erstickter Kinder allerdings anfangs auch nicht zum Handeln zu motivieren. Er schickte Sprecher Sean Spicer vor die Presse, um zu erklären, die USA sähen einigermaßen lächerlich aus, die politischen Realitäten in Syrien nicht anzuerkennen. Diese Indifferenz fügte sich nahtlos in die Positionen ein, die der "America-First"-Präsident über Jahre vertreten hat. "Syrien ist nicht unser Problem", hatte er auf seinem Twitter-Konto während des Wahlkampfs geschrieben. Und nach dem Giftgasangriff vor den Toren Damaskus 2013 kritisierte er Barack Obama als "sehr dummen Führer", weil dieser einen Vergeltungsschlag für die 1400 Opfer in Erwägung gezogen hatte. Umso erstaunlicher fällt die 180-Grad-Wende aus, die der neue US-Präsident vor der Entscheidung für den ersten amerikanischen Angriff auf die Streitkräfte von Syriens Präsident Baschar al-Assad jetzt vollzogen hat. Diese radikale Wende verlangt nach einer Erklärung. Handelte Donald Trump aus einem Impuls heraus oder steht die amerikanische Strategie für Syrien insgesamt vor einer Korrektur? Ohne diese Fragen damit zu beantworten, schickte der US-Präsident auf jeden Fall ein eindeutiges Signal: Der Colt sitzt bei ihm locker. Trump zögert nicht, das militärische Potential der Supermacht einzusetzen, wenn er es für geboten hält. Diese Botschaft könnte in Damaskus das Kalkül von Assad verändern. Der syrische Staatspräsident darf sich nicht mehr darauf verlassen, mit seinen Verbrechen ungeschoren davon zu kommen. Auch die Machthaber in Pjöngjang werden aufhorchen. Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Trump ausgerechnet bei Nordkoreas Staatsbankett für den Führer ihrer Schutzmacht den Befehl zum Luftschlag erteilt hatte. Die neue Unberechenbarkeit Washingtons mag für Überraschungen gut sein, sie löst aber nicht das strategische Dilemma, vor dem die USA in Syrien stehen. Mangels starker Verbündeter auf dem Boden gibt es in dem blutigen Bürgerkrieg militärisch weiterhin nur drei Optionen: Eine Rückeroberung weiter Teile des Landes durch Assad mit Hilfe von Russland; ein Endlos-Konflikt zwischen Regierungstruppen, Rebellen, der Terrormiliz Islamischer Staat und anderen Sunni-Extremisten; oder eine "Pax Americana". Der bedenklichste Ausgang wäre ein Machtvakuum in Syrien, weil das den idealen Nährboden für das Erstarken terroristischer Gruppen bereiten würde. Das heißt: Für eine nachhaltige Lösung ohne langjährige Besetzung durch amerikanische Truppen kommt auch Trump nicht an Bündnissen und an beharrlicher Diplomatie vorbei. Sollte sein Luftschlag mehr als eine Impulshandlung sein, müsste er nun mit kluger Außenpolitik nachlegen. Der Erfolg einer Strategie aus Zuckerbrot und Peitsche basiert auf der Bereitschaft Trumps, zu einer traditionellen Rolle an der Spitze der Supermacht zurückzufinden. Er beruht nicht allein auf überraschenden Militäraktionen, denen die diplomatische Rückendeckung fehlt. Die hastige Kehrtwende lässt befürchten, dass es tatsächlich kein nachhaltiges Konzept hinter dem Militärschlag gibt. So angemessen die Vergeltung auch war: Sie bringt wenig, wenn sie nur demonstrieren sollte, dass Trump nicht wie Obama sein will.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
© 2017 news aktuell