Bielefeld (ots) - Was die Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann im Interview lapidar eine »Delle« nennt, droht für die NRW-Grünen bei der Landtagswahl zum Totalschaden zu werden. Zwar sind Umfragen keine Wahlergebnisse, aber die politische Stimmung in der Republik ist eindeutig: Grün wirkt grau. Und dieser Abwärtstrend hat die NRW-Grünen voll erfasst. Hilfe aus der Bundespolitik ist aktuell auch nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Manch Wahlkämpfer verzichtet sogar liebend gern auf »Unterstützung« aus Berlin. So in Schleswig-Holstein, wo am 7. Mai gewählt wird und sich die Grünen mit ihrer Finanzministerin und Spitzenkandidatin Monika Heinold sowie dem populären Umweltminister Robert Habeck auf die eigene Stärke verlassen. Überhaupt fällt auf: Noch am besten stehen die Grünen dort da, wo sie ihren eigenen Weg gehen - wie es auch Winfried Kretschmann als Ministerpräsident in Baden-Württemberg und Boris Palmer als Tübinger Oberbürgermeister sehr zum Ärger der Bundespartei tun. Beide entziehen sich so erfolgreich dem Verdacht, wonach Grüne am liebsten Verbotspolitik à la Veggie-Day betreiben. Zwei Probleme beschweren die Partei. Die grünen Kernthemen stehen derzeit nicht im Zentrum des Interesses. Und zu den brennenden Fragen der Zeit liefern die Grünen nicht gerade die besten Antworten. Mit ihrem Kampf für Umweltschutz und gegen Kernkraft waren die Grünen überaus erfolgreich, doch die Rendite dieser Triumphe ist aufgebraucht. Sie verkehrt sich gar ins Gegenteil: So läuft bei der Energiewende längst nicht alles rund, doch im Paderborner Land verfestigt sich das Gefühl, genug für den Ausbau der Windkraft getan zu haben. Dagegen bedarf es bei Fragen der inneren Sicherheit und der Flüchtlingspolitik mehr als einer über jeden Zweifel erhabenen Gesinnungsethik. Hier aber wirken die Grünen landauf, landab erstaunlich rat- und sprachlos. Womöglich, weil ihnen mit Blick auf ihre Stammwählerschaft jedes Zugeständnis als ein zu großes Risiko erscheint. Dieser Bewegungsunfähigkeit steht eine erstaunliche Wendigkeit in Sachen Koalitionspräferenzen gegenüber. In NRW kommen hausgemachte Schwächen hinzu. Hier hört man von den Grünen zu bundespolitischen Themen selten Substantielles. Dafür machen sich an ihren Spitzenleuten Streitthemen wie G8/G9, Inklusion (Schulministerin Löhrmann), Landesjagdgesetz, Nationalpark Senne und Landesentwicklungsplan (Umweltminister Johannes Remmel) fest. Und die Dritte im Kabinett, Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, ist so blass, dass sie nicht mal auffällt. Nun herrscht Alarmstufe Rot! Da die Partei ums politische Überleben kämpft, sollen es Leihstimmen von SPD-Wählern retten. Wer hätte das gedacht: Die Grünen machen's wie einst die von ihnen verhöhnte FDP.
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