Das Vereinigte Königreich hat in dieser Woche offenbar einen wichtigen Haushaltsbeschluss im Rat der Europäischen Union blockiert. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf interne Ratsdokumente.
Die Blockade betrifft demnach die sogenannte "Midterm Review", die Haushaltsüberprüfung zur Mitte der siebenjährigen Finanzperiode der EU. Die Mitgliedstaaten hatten sich nach langen Verhandlungen mit dem Parlament darauf geeinigt, sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln freizugeben, insbesondere für den Aufbau der neuen Grenz- und Küstenwache und für die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten gegen irreguläre Migration. Außerdem sollte der EU-Haushalt flexibler werden, indem nicht abgerufene Mittel verlängert werden. In EU-Kreisen sei die Blockade als "Vorgefecht" zu den Verhandlungen über die Austrittskosten im Zuge des Brexit eingestuft, berichtet die Zeitung weiter. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich demnach über das Vorgehen beschwert, als er Premierministerin Theresa May am Mittwoch zu einem Abendessen in London traf.
Juncker soll deutlich gemacht haben, dass er unter diesen Umständen nicht bereit sei, vor der Unterhauswahl einen Termin für den Beginn der Brexit-Verhandlungen festzulegen. Am heutigen Samstag wollen die EU-Staaten dafür ihre Leitlinien beschließen. Die britische EU-Vertretung hatte die maltesische Ratspräsidentschaft am Montagabend überraschend aufgefordert, die für Mittwoch vorgesehene Abstimmung über die Annahme der revidierten Finanzplanung von der Tagesordnung zu nehmen. Sie verwies zur Begründung darauf, dass die Regierung wegen der neu angesetzten Parlamentswahl keine weitreichenden Beschlüsse mehr treffen dürfe.
Die maltesische Ratspräsidentschaft beugte sich dem Wunsch aus London. Jedoch wird die Argumentation intern als nicht stichhaltig bezeichnet. Schließlich habe London mehreren Elementen der Haushaltsüberprüfung schon zugestimmt, weil sie im verabschiedeten Haushalt für 2017 enthalten gewesen seien. Trotzdem könnten Mittel, die etwa für den libyschen Küstenschutz vorgesehen seien, nun nicht ausgezahlt werden.
In Brüssel wird befürchtet, dass May auch nach der Parlamentswahl ihre Zustimmung zur geänderten Finanzplanung als Faustpfand in den Brexit-Verhandlungen einsetzen will, schreibt die Zeitung.