Bremen (ots) - Bemerkenswert, wie weltfremd die Briten dieser Tage auftreten. Über Monate gifteten lautstarke Brexit-Anhänger über die EU, rümpften die Nase über die Gemeinschaft, die man gar nicht schnell genug verlassen könne. Premierministerin Theresa May beugte sich der Rhetorik und strebt einen harten Bruch mit Brüssel an. Jetzt, wo es ernst wird, scheinen viele mit den Reaktionen vom Kontinent nicht umgehen zu können. Als am Wochenende die übrigen 27 Mitgliedstaaten in ungewohnter Einigkeit ihre Leitlinien für die anstehenden Brexit-Verhandlungen beschlossen, wurde das auf der Insel scharf kritisiert - ganz nach dem Motto: Die EU bringt sich in Stellung gegen Großbritannien. Vergessen wird gerne, dass es das Königreich war, das die Scheidung einreichte. Nun würde es auch gerne die Bedingungen diktieren. So stellte May bei einem Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker offenbar völlig überzogene Forderungen und zeigte keinerlei Kompromissbereitschaft. In vielen Kreisen herrscht noch immer die Annahme, dass die EU mehr zu verlieren hat als Großbritannien. Für Außenstehende ist es fast schmerzhaft mitanzusehen, wie Selbstüberschätzung und Überheblichkeit die politische Debatte prägen. Etliche euroskeptische Politiker und Medienvertreter erzählen der Bevölkerung täglich ein neues Brexit-Märchen. Diese Attitüde könnte in einer bitteren Demütigung enden. Die Briten machen sich etwas vor. Wenigen ist bewusst, welches Ausmaß die Verhandlungen annehmen. Allein einen Sündenbock hat die Brexit-Riege schon ausgemacht, sollte Großbritannien nicht die Zugeständnisse erzielen, die es fordert: Die EU, an vorderster Front Deutschland und Frankreich.
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