Bielefeld (ots) - Schleswig-Holstein darf als ein Land mit eher konservativ ausgerichteter Wählerschaft gelten. Das war immer schon so und hatte nur durch besondere Qualifikationen charakterlich starker Bewerber ums Ministerpräsidentenamt zu SPD-Erfolgen geführt. Die Wahl vom Sonntag hat die aktuellen Schwächen der Sozialdemokraten im Norden offenbart. Sie zeigten sich in den Wahlkampf-Auftritten des - auch in Bielefeld nicht unbekannten - Ministerpräsidenten Torsten Albig inhaltlich nicht besonders profiliert. Mehr noch: Die Thematisierung und die öffentlichen Einlassungen zu Albigs Privatleben und seiner neuen Partnerschaft führten dazu, dass viele und vor allem Wählerinnen sich abwandten vom amtierenden Regierungschef. Nun trägt die gesamte SPD - im Bund wie im Land NRW - schwer an dieser Hypothek. Es ist noch nicht so lange her, da zauberte die deutsche Sozialdemokratie einen erfolgversprechenden Kanzlerkandidaten aus ihren eigenen Reihen. Mit 100 Prozent Martin Schulz schien die SPD auf Angriff zu schalten - mehr noch: erste Umfrage-Zahlen des neuen Parteichefs und Merkel-Herausforderers ließen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Macht in Berlin erwarten. Zwei Landtagswahlen später - vor Schleswig-Holstein verlor die SPD unter ihrem neuen Chef auch im Saarland - ist diese Offensive ins Stocken geraten. Mehr noch: Von der Wahl in NRW am nächsten Sonntag - auch in der SPD-Spitze als sogenannte kleine Bundestagswahl eingeschätzt - hängt die Frage ab, ob Schulz den SPD-Zug auch im Bund wieder in Fahrt setzen kann. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, weil in NRW mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft - anders als in Schleswig-Holstein - eine geachtete und in weiten Bevölkerungskreisen beliebte Regierungschefin zur Wahl steht. Sie muss sich - ebenfalls anders als im Norden - gegen einen eher schwächeren und mit schweren Fehlern vergangener Funktionen im Kabinett Jürgern Rüttgers belasteten - Herausforderer Armin Laschet behaupten. Aber das Rennen in NRW ist seit dem Wochenende deutlich enger geworden. Der SPD im Bund mit Martin Schulz geht es nach beiden Landtagswahlen ein wenig wie Borussia Dortmund im Pokal-Halbfinale zur Halbzeit: Sie liegen zurück. Borussia Dortmund konnte das Spiel in München drehen. Ob Martin Schulz diese Aufholjagd ebenfalls schaffen kann, hängt auch von Hannelore Kraft und NRW ab.
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