Cottbus (ots) - Erstens kommt es anders. Zweitens als man denkt. Die SPD hatte fest mit zwei und insgeheim mit drei Siegen in drei Landtagswahlen gerechnet. Daraus sind drei Niederlagen geworden, und was für welche! Nicht nur Schleswig-Holstein ist futsch, jetzt auch noch Nordrhein-Westfalen. Die Herzkammer. Futsch ist nicht nur die selige Durchmarschstimmung, die Martin Schulz im Herbst an Angela Merkels Schreibtisch befördern sollte. Die überhaupt seinen Nimbus ausgemacht hat. Futsch ist auch ein Teil seiner Wahlkampfstrategie: Das Thema soziale Gerechtigkeit. Den Wählern ist augenscheinlich anderes mindestens ebenso wichtig - die innere Sicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung, in NRW sogar die Staus. Gewinnen wird im Herbst bei der Bundestagswahl derjenige Kanzlerkandidat, der den Deutschen das Gefühl gibt, sie sicher durch politisch und wirtschaftlich unruhige Zeiten zu führen. Ob das Schulz sein wird? Gegenwärtig ist es ganz klar Angela Merkel. Verloren gegangen ist am Sonntag vor allem die Machtperspektive der Sozialdemokraten. Die Botschaft dieses Wahltages lautet: So wie in Düsseldorf wird es auch im Bund für die SPD wahrscheinlich nur zum Juniorpartner in der Großen Koalition reichen, wie gehabt. Wenn überhaupt. Das aber wird die SPD-Wähler nicht mobilisieren. Das alte Dilemma der SPD ist wieder voll da: Um eine Kanzlermehrheit zu bekommen, müsste sie glaubhafte Koalitionsmöglichkeiten benennen können. Die Union als stets stärkste Partei im Bund ist nicht in dieser Verlegenheit. Eine der Optionen für Schulz wäre Rot-Rot-Grün. Benennt er die aber, werden sogleich in der Mitte so viele Wähler abgeschreckt, dass es dazu gar nicht kommt. So war es im Saarland. Es bleibt noch die Ampel, für die es aber erst Mal rechnerisch reichen muss. Und dann muss die FDP noch mitmachen. In NRW wollten die Liberalen das nicht, und die CDU triumphiert. Für die Union hat die Wahlam Sonntag weiteren Rückenwind gebracht. In NRW wie in Schleswig-Holstein hat sie die Unzufriedenheit mit den jeweiligen rot-grünen Koalitionen nutzen können. Schlechte Regierungen werden abgewählt, das ist normal. Wobei ein Wahlkampf mit dem Begriff "Stauland" in einer Gegend wie dem Ruhrgebiet schon ziemlich plump ist. Daniel Günther in Kiel und Armin Laschet in Düsseldorf werden unverhofft Ministerpräsidenten. Abwarten, was sie aus ihrer Chance machen; sie müssen keine Nobodies bleiben. Angela Merkel kann sich nun ganz ruhig wieder ihren internationalen Aufgaben widmen, auf dass sich ihr Ruhm weiter mehre. Auch für sie freilich gilt, dass der Wähler ein scheues Wesen ist, scheuer als früher, und die Stimmung wechselhaft. Vor drei Monaten lag Schulz plötzlich vor ihr, das sollte sie nicht vergessen. Denn bekanntlich kommt es erstens anders, und zweitens...
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