LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann hat die Union aufgefordert, sich für eine Ausweitung der Tarifbindung per Gesetz stark zu machen. "Weniger als 50 Prozent der Beschäftigten fallen noch unter den Schutz von Tarifverträgen", kritisierte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) anlässlich der Bundestagung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) am Samstag und Sonntag in Ludwigshafen. Dazu wurde Hoffmann als Gastredner erwartet.
Abhilfe könne geschaffen werden, indem die Ausweitung von Tarifverträgen auf jene Firmen und Arbeitnehmer der Branche erleichtert werde, die nicht den vertragsschließenden Parteien angehören. "Hier wäre eine minimalinvasive Änderung im Tarifvertragsgesetz möglich", sagte Hoffmann.
Der DGB-Chef appellierte zudem an die Union, ein Rückkehrrecht für Teilzeitbeschäftigte auf eine volle Stelle mitzutragen. 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten seien Frauen. Ihnen müsse eine berufliche Perspektive eröffnet werden. Er könne nicht nachvollziehen, dass es CDA-Mitglieder gebe, die dieses Vorgehen ablehnten. Die CDA ist der Sozialflügel der CDU.
Zur Tarifbindung sagte Hoffmann, ein neuer Tarifvertrag für eine Branche könne zwar grundsätzlich auf Firmen ohne Verbandszugehörigkeit ausgedehnt beziehungsweise für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn die Mehrheit der Arbeitgeber und Gewerkschaften dieser Branche dafür sei. "Aber obwohl die Tarifpartner dafür sind, scheitert es dann häufig am Veto der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) im zuständigen Tarifausschuss."
Wenn man jedoch im Gesetz festschreibe, dass die sogenannte Allgemeinverbindlichkeit nur mit einer Mehrheit im Ausschuss abgelehnt werden könne, "dann könnte die BDA von ihrer Veto-Position keinen Gebrauch mehr machen, und wir würden viel mehr Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären". Dann seien auch die Unternehmen, die keinem Arbeitgeberverband angehörten, verpflichtet, Tariflöhne zu zahlen.
"Wir wollen die Tarifbindung deutlich erhöhen", sagte Hoffmann. Ein Tarifvertrag bedeute mehr als ein sicheres Gehalt für die Beschäftigten. "Arbeitnehmer mit Tarifvertrag haben vier bis sechs Tage mehr Urlaub, haben ein 20 Prozent höheres Einkommen, haben fünf bis sechs Stunden kürzere Arbeitszeiten in der Woche." Solche Leistungen stärkten den sozialen Zusammenhalt. "Keine Tarifbindung setzt die Beschäftigten Lohndumping und dem Wettbewerb nach unten aus, und damit der Angst vor dem Abrutschen."
Sinkende Tarifbindung gebe es vor allem für die personenbezogenen Dienstleistungen wie den Einzelhandel oder den Bereich Nahrung, Genuss, Gaststätten. In der Systemgastronomie gehörten viele Arbeitgeber keinen Verbänden an. Dort gebe es viele befristete und viele Teilzeitstellen mit deutlich geringeren Löhnen im Vergleich zu den Tarifverträgen./jes/DP/zb
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