STUTTGART (dpa-AFX) - Daimlers Entwicklungsvorstand Ola Källenius
sieht trotz Diskussionen über Fahrverbote noch eine lange Zukunft
für den Diesel. "Wir investieren weiter in unsere
Verbrennungsmotoren, sowohl Otto als auch Diesel", sagte er der
Deutschen Presse-Agentur. Der Stuttgarter Autokonzern ist dabei,
eine neue Motorengeneration auf den Markt zu bringen. "Aus heutiger
Sicht gibt es keinen Grund zu sagen, es wird keine
Nachfolgegeneration für diese Dieselfamilie geben." Volvo
Daimlers Strategie ist eine andere: Bis 2025 soll der Anteil rein
batterieelektrischer Autos am Daimler
DISKUSSION IN STUTTGART
Ausgerechnet an Daimlers Konzernsitz in Stuttgart wird derzeit aber über Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge diskutiert, um die Luft zu verbessern. Zu Gesprächen zwischen Herstellern und dem Landesverkehrsministerium, wie man ältere Diesel nachrüsten könnte und welche Folgen das für den Verbrauch hat, hielt sich Källenius bedeckt. "Wenn man eine Software-Lösung findet, wäre das sowohl technisch als auch kostenseitig ein realistischer Lösungsansatz", sagte er. "Wer die Kosten dafür tragen soll, darüber wird in diesem Kreis diskutiert. Dem möchte ich nicht vorgreifen." Laut einem Test des ADAC, über den die "Welt am Sonntag" berichtete, führten sowohl neue Software als auch zusätzliche Hardware zu einem höheren Spritverbrauch.
Neuere Diesel, für die Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) einem Bericht des "Spiegel" zufolge nun über eine Kaufprämie nachdenkt, sind von dem drohenden Verbot in Stuttgart nicht betroffen. Daimler hat gerade erst drei Milliarden Euro in die Entwicklung einer neuen Motorenfamilie gesteckt. Der erste Dieselmotor dieser Generation befindet sich seit vergangenem Jahr in der E-Klasse auf der Straße. Selbst die ansonsten gegenüber den Stuttgartern sehr kritische Deutsche Umwelthilfe (DUH) erklärte, dass der Motor Grenzwerte im realen Fahrbetrieb einhält.
NUR LABORTESTS BISLANG
Bislang werden die Abgwaswerte von Autos für die Zulassung nur im Labor getestet. Laut Umweltbundesamt überschreiten heutige Diesel-Autos oft den EU-Grenzwert um ein Vielfaches, wenn sie auf der Straße unterwegs sind. Hoffnungen liegen nun auf neuen Testverfahren, denn ab Herbst müssen die Werte von neuen Autos auch auf der Straße getestet werden. Die erste Stufe der neuen EU-Norm für den realen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions, RDE) gilt von September an, die zweite greift drei Jahre später und reduziert die anfänglichen Lockerungen für den Stickoxidausstoß.
"Selbstverständlich entwickeln wir die Motoren so weiter, dass sie auch die zweite Stufe von RDE einhalten können", sagt Källenius. Damit werde es bei den Emissionen kaum noch Unterschiede zwischen Diesel und Benziner geben, wirbt der Daimler-Vorstand. "Und dann haben wir immer noch den Verbrauchsvorteil von 15 bis 20 Prozent beim Diesel." Dieser Vorsprung gegenüber dem Benzinmotor macht den Diesel für die europäischen Autohersteller so wichtig. Denn so wollen sie die CO2-Ziele der EU, die an den Kraftstoffverbrauch gekoppelt sind, für die von ihnen verkauften Fahrzeuge einhalten.
Wieviel Geld Daimler künftig noch in die Entwicklung von Dieselfahrzeugen stecken will, ließ Källenius offen. "In der Entwicklung wird der Verbrennungsmotor in Zukunft nicht unbedingt aufwendiger", sagt er. "Aber die Kosten je Motor sind auf jeden Fall eine Herausforderung - ganz klar."
DIESEL VERLIERT MARKTANTEILE
Zuletzt hatten Dieselfahrzeuge in Deutschland bei der Zulassung Marktanteile verloren: In Deutschland ging der Wert im April gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,7 Prozentpunkte auf 41,3 Prozent zurück. In absoluten Zahlen sackte die Zahl der neu zugelassenen Dieselfahrzeuge im bisherigen Jahresverlauf um 8,1 Prozent ab. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger dürfte der Diesel-Anteil bei Mittel- und Oberklasseautos in Europa bis 2030 auf ein Drittel, bei Kleinwagen sogar gegen Null fallen.
Bosch-Chef Volkmar Denner deutete, dass sinkende Diesel-Marktanteile nicht ohne Folgen für den Zulieferer bleiben würden. "Die Beschäftigungslage bei uns ist abhängig von der Auftragslage unserer Kunden", sagte er "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten". "Wenn die Dieselmarktanteile weiterhin fallen, werden wir reagieren müssen." Källenius sagte dagegen: "Bei Mercedes-Benz sind die Diesel-Verkäufe in Europa stabil."/ang/eni/DP/das
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