Bielefeld (ots) - Mit 22 Millionen Euro - die Hälfte davon übrigens aus dem Staatssäckel - war der Evangelische Kirchentag teurer als jeder zuvor. Auch Kirchentage folgen längst dem Diktat der Erlebnisgesellschaft: immer größer, immer bunter, immer aufwendiger. Stolz präsentieren die Organisatoren nun ihre Rekordzahlen: Fast 140.000 Besucher; 2.500 Veranstaltungen; 12.000 Schlafplätze in Privatquartieren. 100 Sonderzüge fuhren zur "Außenstelle" nach Wittenberg - für die Bahn die umfangreichste Verkehrsleistung seit dem Mauerfall 1989, wie es heißt. In den Gemeinden vor Ort werden unterdessen Gemeindehäuser verkauft und Kirchen ausgesegnet, weil sich immer weniger Menschen zu ihrer Kirche bekennen. Kirchlich getragene Kindertagesstätten werden aufgegeben, weil das Geld nicht reicht. Pfarrer müssen immer größere Gebiete betreuen, weil es keinen Nachwuchs mehr gibt. Die Kirche leidet allenthalben an Auszehrung. Muss es da ein Spektakel wie den Kirchentag wirklich geben? Allenfalls dann, wenn es dazu taugt, das Gemeinschaftsgefühl der Gläubigen herzustellen, das ihnen die Basisarbeit in den bröckelnden Gemeinden nicht mehr bietet. Dieses Gemeinschaftsgefühl stellt sich am ehesten her über gemeinsam geteilte Werte und Überzeugungen. Den vielleicht eindringlichsten Gemeinschaftsmoment erlebte die Veranstaltung, als alle Teilnehmer gleichzeitig in Stille verharrten, um Zehntausender im Mittelmeer ertrunkener Flüchtlinge zu gedenken. Da war der Kirchentag plötzlich kein Millionenspektakel mehr.
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