Bielefeld (ots) - Diplomatie gilt als Kunst des Verhandelns. Wenn die Interessen unterschiedlicher Nationen aufeinander treffen, wird von den handelnden Politikern Geschick erwartet, damit am Ende sogenannte Win-win-Situationen entstehen. Dabei soll möglichst vermieden werden, andere Verhandelnde bloßzustellen oder in die Enge zu treiben. Sie sehen, an dieser Stelle kann nicht von Donald Trump die Rede sein. Spätestens nach dem - an seinen Ergebnissen gemessenen - G-Null-Gipfel auf Sizilien ist auch der letzte Vorschuss, den Diplomaten dem US-Präsidenten gewährt haben, aufgebraucht. Sogar die sonst so pragmatisch und genügsam agierende Bundeskanzlerin spricht jetzt davon, dass sie die USA nicht mehr als verlässlichen Partner sieht. Allein an dieser außergewöhnlich deutlichen Einlassung Angela Merkels ist zu erahnen, wie groß der Scherbenhaufen ist, den die Trump-Administration am Fuße des Amphitheaters in Taormina hinterlassen hat. Europa muss sich neu aufstellen - eigenständig und selbstbewusst. Auch das ist eine Lehre, die aus dem völlig verkorksten Gipfel gezogen werden muss. Das heißt nicht, dass es zum offenen Bruch mit den USA kommen muss. Aber das einst so enge transatlantische Bündnis verlangt nach einer neuen Definition. Freundschaft ja, Abhängigkeit nein. Nur so wird Europa seinen Weg in die Zukunft finden. Und es gibt noch eine Schlussfolgerung aus dem Gipfel-Chaos. Europa muss endlich seine Zurückhaltung gegenüber den polternden populistischen Staats- und Regierungschefs aufgeben. Wer sich wie Trump danebenbenimmt, eitel und arrogant nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, dem muss sein schlechtes Benehmen auch gespiegelt werden. Die sechs Gipfelteilnehmer haben sich lange bemüht, Trumps eigenartige Weltsicht und seine Fake News mit einem gequälten Lächeln zu überspielen, um am Ende dann doch Klartext zu reden. Richtig so! Dies sollte auch das Signal an andere Provokateure sein. Lange hat die Bundesregierung zu den Ausfällen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geschwiegen, um jetzt doch die Konsequenzen zu ziehen und den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik zu planen. Nicht zuletzt die allgemeine Empörung der Bundesbürger mag wenige Monate vor der Bundestagswahl den Sinneswandel eingeleitet haben. Denn nicht immer ist die beste Diplomatie das Schweigen.
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