Bielefeld (ots) - In den Hamburger Chaostagen war der "schwarze Block" erkennbar zum Angriff auf das Leben von Polizisten entschlossen, anders lässt sich der enthemmte Ausbruch von Gewalt nicht interpretieren. So schlimm habe sich das die Staatsmacht nicht vorgestellt, bilanziert Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Seine Erschütterung über die Vorkommnisse in seiner Stadt, die wohl den Rechtsstaat verändern werden, wirkt echt. Aber sie hilft nichts: Mit den Krawalltagen von Hamburg haben Demonstrationen, Gewaltgaffer und eine allzu sorglose - weil nur auf den Diplomaten-Gipfel fixierte - Politik ihre Unschuld verloren. Und angesichts der Schadensbilanz bei Menschen und an privaten Besitztümern wirkt der Versuch zweitrangiger Unionsstrategen billig, die Kanzlerin als Gipfel-Queen für die schönen Bilder und den Sozialdemokraten Scholz als den Sicherheits-Versager für die bösen Szenen verantwortlich zu erklären. Beide, Scholz und Merkel, haben diesen Gipfel so vorbereitet, wie er jetzt abgelaufen ist. Dazu gehörte es offenbar, sich keine allzu großen Gedanken darüber zu machen, welche Folgewirkungen die jahrelange Duldung einer quasi rechtsfreien Zone rund um das Autonomen-Zentrum "Rote Flora" hat. Von hier aus wurde offensichtlich die Infrastruktur eines gewalttätigen, mobilen und dezentral agierenden Terror-Mobs gesteuert. Wer einen Groß-Gipfel in Hamburg plant, der hätte exemplarisch die Sache mit der "Roten Flora" vorab klären müssen. Entweder durch konsequente Räumung. Oder mit Hilfe eines neuen Vorzeigeprojektes, um gewachsene Mieterinteressen und modernes Großstadtleben zu verbinden. Scholz und der Hamburger Senat schieben diese "Systemfrage" seit Jahren vor sich her. Und die Kanzlerin hat es versäumt, auf ein Beispiel einer sozialen Infrastrukturmaßnahme zu drängen. Beide haben sie sich im Vorfeld über ein reales Rechtsstaatsproblem hinweggelogen. Geblieben ist ein fragwürdiger Mikrokosmos, der auf die Gewaltszene anziehend wirkt. Scholz und Merkel konnten wissen, was damit in Hamburg auf dem Spiel stand. An der "Roten Flora" und ihrem Umfeld orientierten sich in den Hamburger Ausnahmetagen auch Tausende demo-lustige Gewaltgaffer und Randale-Touristen, die - immer knapp jenseits der heißen Zone - begutachten wollten, wie sich Kriminelle im Kampf mit der Polizei denn so schlagen. Wie will der Staat mit derartigen Gewaltgaffern in Zukunft umgehen? Hoffentlich mindestens so hart wie mit Gaffern am Rand von Verkehrsunfällen, denen inzwischen empfindliche Strafen drohen. Nach den Hamburger Vorkommnissen ist auch die Unterscheidung zwischen links- oder rechtsextremistisch begründeten Gewalttaten noch einmal zu überprüfen. Beide richten großen Schaden an, im Inland wie auch am Deutschlandbild im Ausland. Wer Polizisten gezielt in eine Falle locken will, um sie mit Gehwegplatten "auszuschalten", ist ein Mordgeselle, nicht anders als Neonazis, die andernorts Flüchtlingsheime abfackeln. Auch die Linke sollte nicht länger den Eindruck erwecken, sie versuche kriminelles Treiben um jeden Preis zu legitimieren.
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