Mainz (ots) - Es ist der Brennglaseffekt. Wenn sich die öffentliche Wahrnehmung auf ein Thema fokussiert, geraten mit einem Mal Dutzende gleicher oder ähnlicher Fälle ans Tageslicht, die sonst niemand wahrgenommen hätte. Im Fall der Bundeswehr hat das dazu geführt, dass nach der Debatte um den rechtsextremistischen Soldaten Franco A. und die Übergriffe von Vorgesetzten auf Untergebene in der Kaserne Pfullendorf mehr Soldaten auf mutmaßliche Missstände in der Truppe aufmerksam gemacht haben als im vergangenen Jahr. Dieser Brennglaseffekt belegt zwar noch nicht, dass die Zahl der Problemfälle tatsächlich steigt. Wenn sich die Soldaten aber ermuntert fühlen, Missstände zu melden und nicht unter den Teppich zu kehren, dann ist das unstreitig ein guter Effekt. Es bleibt aber leider ein Geschmäckle. Das Geschmäckle, dass Verteidigungsministerin von der Leyen diese Zahlen lanciert, um ihre Pauschalkritik an der Truppe ("Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem") im Nachhinein doch noch zu rechtfertigen. Dabei hatte sich die Ministerin für diese überzogene Wertung doch schon entschuldigt. Was denn nun? Natürlich verleiten Systeme, die von Befehl und Gehorsam leben und die ihre Mitglieder extremen Belastungen aussetzen, immer wieder zu Ausfällen, die konsequent geahndet werden müssen. Die Bundeswehr braucht aber keinen Generalverdacht. Viel dringender brauchen die Soldaten unsere Anerkennung für einen Dienst, bei dem sie ihr Leben und ihre psychische Unversehrtheit für unser aller Sicherheit einsetzen.
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