Nach Jahren der Nullzinspolitik haben sich Anleger auf die - wenn man so will - "neue Welt" ohne Zinserträge eingestellt. "Die Aktie wird nun vermehrt aus Cashflow- beziehungsweise Dividenden-Überlegungen gehalten und gilt als alternativlos. Als sichere Rentensurrogate finden sich in Anlegerportfolios zunehmend illiquide Immobilien, welche durch das Wunder der Verbriefung liquide erscheinen. Staatsanleihen selbst werden hingegen nicht mehr aus Renditeüberlegungen, sondern oftmals aufgrund von weiteren Kurssteigerungsphantasien oder lediglich regulatorischen Gründen gehalten. Gold scheint für das renditehungrige Anlegerportfolio zurzeit zu niedrigkalorisch.
Unsere ökonomische Bestandsaufnahme scheint diametral entgegengesetzt zum vorherrschenden Konsens zu sein. Man könnte meinen, wir wären mit dermaßen konträren Einschätzungen einsame Wölfe. Zu einem gewissen Grad mag das stimmen. Unserer Erfahrung nach sind wir jedoch bei weitem nicht so alleine, wie man dies anhand der derzeitigen Kursstände vermuten würde. Eine wachsende Zahl unserer Leser sind institutionelle Anleger, die unsere Skepsis teilen. Paradoxerweise sind es gerade die aktuellen Kurssteigerungen, die sie dazu drängen, weiter im Finanzmarktkarussell mitzufahren, auch wenn ihnen dabei schon etwas schwindlig ist. Es geht derzeit eine Angst um: die Angst nicht dabei zu sein ("fear of missing out"). Viele Skeptiker tanzen weiter auf dieser Party - wenngleich in der Nähe des Ausgangs", sagt Goldexperte Roland Stöfele von der Incrementum AG.
Die Frage ist jedoch: Wird der Ausgang groß genug für alle sein?
"Mitverantwortlich für unsere Überzeugung, dass es in naher Zukunft zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommen wird, ist die Einsicht, dass dieses Geldsystem nicht nachhaltig ist. Es führt inhärent zu einer steigenden Gesamtverschuldung, welche seit Jahrzehnten stärker wächst als die Wirtschaftsleistung. Die Schaffung weiteren Wohlstands wird durch die Überschuldung sukzessive erschwert und das Wirtschaftssystem damit zunehmend krisenanfälliger. Je höher die Schuldenstände, desto größer die Zinssensitivität - wir stecken längst in der Nullzinsfalle. Dennoch gibt es - obwohl die Symptome so gut wie niemandem mehr entgehen - bislang keinerlei öffentlichen Diskurs um eine grundlegende Reform des Geld- und Weltwährungssystems.
Ob man unserer bescheidenen, systemkritischen Meinung vollumfänglich zustimmt, ist eine Sache. Die Frage, ob man angemessenen Teil seines liquiden Vermögens als "goldene Sicherheitsreserve" halten solle, eine andere", sagt Stöfele.
Um sich darüber klar zu werden, kann man sich vereinfacht folgende Fragen stellen:
Wann brauche ich kein Gold im Portfolio?
"Wenn…
• die Schuldenstände tragfähig sind bzw. glaubwürdig abgebaut werden können
• die Inflationsgefahr als gering eingestuft wird
• die Realzinsen hoch sind
• das Vertrauen in die Währungshüter gefestigt ist
• das politische Umfeld berechenbar ist
• die Regierungen Märkte liberalisieren, die Steuergesetzgebung vereinfachen und die bürgerlichen Freiheiten achten
Aus unserer Sicht spricht das Umfeld eine klare Sprache: Sicherheitsgold zu halten, ist für den umsichtigen Anleger ein Gebot der Stunde. Wir erwarten also in den kommenden Jahren deutliche Umbrüche mit spürbaren Auswirkungen auf den Goldpreis, lautet das Fazit von Roland Stöfele.Den vollständigen Artikel lesen ...
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