Bielefeld (ots) - Angesichts blutiger Attentate wie jüngst in Barcelona ist der Ruf nach einer Videoüberwachung mit Gesichtserkennung verständlich. Überzeugend begründen lässt sich die Abschaffung der Anonymität im öffentlichen Raum aber nicht. Es klingt nach einem Traum für die Sicherheitsbehörden: Eine Kamera erfasst einen gesuchten Täter oder gefährlichen Terroristen. Die Polizei ist in Sekundenschnelle vor Ort und kann Schlimmeres verhindern. So die Theorie. Die Praxis wird derzeit in Berlin erprobt. Fraglich ist, ob technisch alles funktioniert und ob die klugen Linsen auch einen Menschen hinter Sonnenbrille und Gesichtsschal erkennen können - geschenkt. Sollte das Projekt tatsächlich flächendeckend in der Bundesrepublik eingesetzt werden, wäre der gläserne Bürger Realität: Der Staat wüsste jederzeit, wo sich jeder Einzelne aufhält. Er könnte die gesammelten Daten verknüpfen mit den Informationen und Fotos, die Menschen auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram ohnehin preisgeben. Freiheit sieht anders aus. Zudem ist der erhoffte Sicherheitsgewinn fraglich: Studien, die den Einfluss von Kameras auf die Kriminalitätsrate untersucht haben, waren ernüchternd. Auch Attentate lassen sich nicht verhindern. Zumal ein Täter schon auf dem Schirm der Dienste sein sollte, damit das System anschlägt. Das war Younes Abouyaaqoub, der Terrorist von Barcelona, nicht. Das System hätte niemanden alarmiert. Ohnehin gilt: Fanatisierte Selbstmordattentäter schrecken Kameras nicht ab.
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