Frankfurt (ots) - Die Europäische Zentralbank soll eine Reduktion der Anleihekäufe auf 40 Mrd. oder 20 Mrd. Euro pro Monat und die Verlängerung des Kaufprogramms um sechs bis neun Monate diskutiert haben, sickerte via Agenturen am Freitag durch. EZB-Chef Mario Draghi hat auf der vergangenen Ratssitzung aber offiziell nur eine Grundsatzentscheidung über Geldpolitik und Anleihekäufe am 26. Oktober angekündigt. All dies liegt in etwa im Rahmen der durchschnittlichen Markterwartungen: Das Tapering kommt. Ohne Änderung der Regeln können die Währungshüter der Eurozone im nächsten Jahr nicht mehr genügend Anleihen kaufen.
Anleihen- und Devisenmärkte haben jedoch darauf sehr unterschiedlich reagiert. Die Bundrenditen fielen am Freitag erstmals seit Juni zeitweise wieder unter 0,3 Prozent - dies signalisiert keine Zinswende. Im Gegenteil lässt sich dies - auch mit Blick auf schwache US-Arbeitsmarktdaten - als aufkeimende Sorgen vor einer konjunkturellen Abschwächung interpretieren. Auch in den USA fallen die Renditen: Zehnjährige Treasuries rentieren noch knapp 2 Prozent, der Renditeabstand beträgt zu den Bunds beträgt damit um 170 Basispunkte (BP). Im Dezember 2016 - dem Höchststand seit Ende der 80er Jahren - waren es über 235 BP gewesen. Die Deutsche Bank empfiehlt in ihrer Anlagestrategie bereits einen defensiveren Kurs für Aktienengagements. Das Momentum der Eurozone-Einkaufsmanagerindizes habe sich erstmals seit Oktober 2016 abgeschwächt.
Ganz anders reagierte der Devisenmarkt. Der Euro wertete nach dem EZB-Entscheid weiter auf und notierte zuletzt mit 1,207 weiter fester. Dabei neigt auch der Dollar zur Schwäche: Der Dollarindex, der die Entwicklung gegenüber sechs Industrieländerwährungen misst, fiel am Freitag bis auf 91,01 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit Anfang 2015.
Für die EZB ist die Euro-Stärke unerwünscht. Eine handelsgewichtete Aufwertung des Euro um 10 Prozent dürfte laut der Bank J. Safra Sarasin die Inflationsrate auf Sicht von zwölf Monaten um 0,5 Prozentpunkte drücken. Je ausgeprägter die Euro-Stärke anhält, desto schwieriger wird es für die Währungshüter, dereinst die Zinsen anzuheben.
Für den Aktienmarkt ist dieses Umfeld zunächst gar nicht so schlecht. Exportabhängige Unternehmen leiden zwar je nach Produktionsstruktur durch ungünstige Wechselkursrelationen im Geschäft außerhalb der Eurozone. Andererseits stimuliert ein schwacher Dollar die Schwellenländer-Konjunktur. Die deutsche Industrie dürfte davon besonders stark profitieren, und negative Effekte der Euro-Aufwertung sollten sich auf Sicht von ein bis zwei Jahren in Grenzen halten. Auch erleichtern weiterhin niedrige Zinsen die Refinanzierung und lassen Spielraum in den Bewertungen risikoreicherer Assets - sofern denn überhaupt der Vergleich mit einem "risikolosen" Zins als Maß der Dinge in Bewertungsfragen eine Relevanz hat.
Exponenten der EZB und der US-Notenbank Fed gehen derzeit nicht davon aus, dass die Inflationsrate vor 2020 auf den gewünschten Zielwert nahe 2 Prozent steigen wird. Entsprechend gibt es bezüglich weiterer Zinsschritte erhöhte Zweifel im Markt.
Auch Analysten sind vorsichtig: Der Vermögensverwalter Bantleon hält einen Rückgang der zehnjährigen Bundrendite bis Ende 2018 auf 0 Prozent für möglich. Und zehnjährige US-Staatspapiere sollen bis Ende 2018 oder Anfang 2019 auch nur noch 0 Prozent rentieren - sagt zumindest der für seine gewagten Prognosen bekannte Chefökonom der Saxo Bank, Steen Jakobsen. Der Dollar werden noch einige Jahre schwach bleiben, "alles" wirke deflationär: Demografie, technologische Entwicklung, sinkende Energiepreise wegen des Umstiegs auf Elektromobilität sowie der Schuldenberg, den Staaten aufgehäuft haben. Jakobsen hält auch eine militärische Eskalation in der Nordkorea-Krise für unausweichlich. Entsprechend nimmt er die Risiken im Portfolio herunter und hält nun 40 Prozent in Cash, 25 Prozent in Rohstoffen und 10 Prozent in Aktien - vor allem Goldminentitel.
Auch wenn das Null-Prozent-Rendite-Szenario ein Extrem im Meinungsspektrum ist und andere Analysten sogar von bald stärker steigenden Zinsen ausgehen - es regt an, sich über mögliche Risiken klar zu werden. Niedrige Zinsen plus stabiles Wachstum sprechen eigentlich weiter für Aktien. Der Dax wird mit dem 12,6-Fachen geschätzten Gewinn 2018 bewertet - das ist nicht überteuert und günstiger als der Topix (13,2), Euro Stoxx 50 (13,6) oder S&P 500 (17). Nur wird das Argument niedriger Zinsen als Aktienmarkt-Treibstoff von Investoren bald seit Jahren wiederholt. Irgendwann ist es einfach zu schön, um noch wahr zu sein.
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Anleihen- und Devisenmärkte haben jedoch darauf sehr unterschiedlich reagiert. Die Bundrenditen fielen am Freitag erstmals seit Juni zeitweise wieder unter 0,3 Prozent - dies signalisiert keine Zinswende. Im Gegenteil lässt sich dies - auch mit Blick auf schwache US-Arbeitsmarktdaten - als aufkeimende Sorgen vor einer konjunkturellen Abschwächung interpretieren. Auch in den USA fallen die Renditen: Zehnjährige Treasuries rentieren noch knapp 2 Prozent, der Renditeabstand beträgt zu den Bunds beträgt damit um 170 Basispunkte (BP). Im Dezember 2016 - dem Höchststand seit Ende der 80er Jahren - waren es über 235 BP gewesen. Die Deutsche Bank empfiehlt in ihrer Anlagestrategie bereits einen defensiveren Kurs für Aktienengagements. Das Momentum der Eurozone-Einkaufsmanagerindizes habe sich erstmals seit Oktober 2016 abgeschwächt.
Ganz anders reagierte der Devisenmarkt. Der Euro wertete nach dem EZB-Entscheid weiter auf und notierte zuletzt mit 1,207 weiter fester. Dabei neigt auch der Dollar zur Schwäche: Der Dollarindex, der die Entwicklung gegenüber sechs Industrieländerwährungen misst, fiel am Freitag bis auf 91,01 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit Anfang 2015.
Für die EZB ist die Euro-Stärke unerwünscht. Eine handelsgewichtete Aufwertung des Euro um 10 Prozent dürfte laut der Bank J. Safra Sarasin die Inflationsrate auf Sicht von zwölf Monaten um 0,5 Prozentpunkte drücken. Je ausgeprägter die Euro-Stärke anhält, desto schwieriger wird es für die Währungshüter, dereinst die Zinsen anzuheben.
Für den Aktienmarkt ist dieses Umfeld zunächst gar nicht so schlecht. Exportabhängige Unternehmen leiden zwar je nach Produktionsstruktur durch ungünstige Wechselkursrelationen im Geschäft außerhalb der Eurozone. Andererseits stimuliert ein schwacher Dollar die Schwellenländer-Konjunktur. Die deutsche Industrie dürfte davon besonders stark profitieren, und negative Effekte der Euro-Aufwertung sollten sich auf Sicht von ein bis zwei Jahren in Grenzen halten. Auch erleichtern weiterhin niedrige Zinsen die Refinanzierung und lassen Spielraum in den Bewertungen risikoreicherer Assets - sofern denn überhaupt der Vergleich mit einem "risikolosen" Zins als Maß der Dinge in Bewertungsfragen eine Relevanz hat.
Exponenten der EZB und der US-Notenbank Fed gehen derzeit nicht davon aus, dass die Inflationsrate vor 2020 auf den gewünschten Zielwert nahe 2 Prozent steigen wird. Entsprechend gibt es bezüglich weiterer Zinsschritte erhöhte Zweifel im Markt.
Auch Analysten sind vorsichtig: Der Vermögensverwalter Bantleon hält einen Rückgang der zehnjährigen Bundrendite bis Ende 2018 auf 0 Prozent für möglich. Und zehnjährige US-Staatspapiere sollen bis Ende 2018 oder Anfang 2019 auch nur noch 0 Prozent rentieren - sagt zumindest der für seine gewagten Prognosen bekannte Chefökonom der Saxo Bank, Steen Jakobsen. Der Dollar werden noch einige Jahre schwach bleiben, "alles" wirke deflationär: Demografie, technologische Entwicklung, sinkende Energiepreise wegen des Umstiegs auf Elektromobilität sowie der Schuldenberg, den Staaten aufgehäuft haben. Jakobsen hält auch eine militärische Eskalation in der Nordkorea-Krise für unausweichlich. Entsprechend nimmt er die Risiken im Portfolio herunter und hält nun 40 Prozent in Cash, 25 Prozent in Rohstoffen und 10 Prozent in Aktien - vor allem Goldminentitel.
Auch wenn das Null-Prozent-Rendite-Szenario ein Extrem im Meinungsspektrum ist und andere Analysten sogar von bald stärker steigenden Zinsen ausgehen - es regt an, sich über mögliche Risiken klar zu werden. Niedrige Zinsen plus stabiles Wachstum sprechen eigentlich weiter für Aktien. Der Dax wird mit dem 12,6-Fachen geschätzten Gewinn 2018 bewertet - das ist nicht überteuert und günstiger als der Topix (13,2), Euro Stoxx 50 (13,6) oder S&P 500 (17). Nur wird das Argument niedriger Zinsen als Aktienmarkt-Treibstoff von Investoren bald seit Jahren wiederholt. Irgendwann ist es einfach zu schön, um noch wahr zu sein.
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