Hagen (ots) - Wie ein Mantra bemühte das grüne Spitzenduo gestern beim Parteitag das Wort "Richtungsentscheidung", um die Basis im Wahlkampf-Endspurt bei Laune zu halten. Welche Richtung meinen Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir eigentlich? Wo wollen sie hin? Die Frage muss erlaubt sein, denn die Grünen von heute sind ja nicht die Grünen von gestern. Die Partei hat ihr Profil verändert, Kritiker sagen nicht zu unrecht: verloren. Göring-Eckardt und Özdemir repräsentieren eine weichgespülte Realpolitik, die weitgehend ohne Ecken und Kanten daherkommt. Dabei liegen die Themen, die zur Profilierung geradezu auffordern, auf dem Silbertablett: Klimawandel, Abgasaffäre, Lebensmittelskandale, soziale Ungerechtigkeit. Aber die Grünen von heute sind ängstlich. Was ist etwa aus ihrer Forderung nach einem Tempolimit geworden, das den CO2-Ausstoß senken könnte? Ja, es steht im Programm, aber im Wahlkampf wagt sich damit niemand nach vorne. Auch in der Abgas-Affäre möchten es sich die Grünen nicht mit den Autofahrern verscherzen. Biegsam sind sie ebenfalls bei den Koalitionsaussagen: Sich ein Bündnis mit CDU und FDP nicht vorstellen zu können, heißt eben nicht, ein solches explizit abzulehnen. "Wo ist eigentlich die stolze SPD?", fragte Göring-Eckardt gestern ihre Parteifreunde. Wo sind eigentlich die stolzen Grünen?, möchte man darauf antworten. Sie bildeten einmal eine selbstbewusste linke Öko-Partei, die ihre Inhalte auch gegen Widerstand nicht der Beliebigkeit opferten. Das ist das grundsätzliche Dilemma der Grünen: Sie wollen nicht mehr unbequem sein. Aber echte Grüne werden aus Mut gemacht.
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