Mainz (ots) - Der deutsche Botschafter in Ankara kann sich im türkischen Außenministerium bald ein kleines Zweitbüro einrichten, so häufig wie er dorthin einbestellt wird. Eine Büßerklause sozusagen. Diesmal sind es die öffentlich gezeigten Öcalan-Plakate auf einer Kölner Kurden-Demo, die die Erdogan-Regierung auf die Palme bringen. Und die sie veranlasst, die nächste Stufe der Zerrüttung in den deutsch-türkischen Beziehungen einzuläuten. Wer hier auf eine Kehrtwende wartet, solange wir auf rechtsstaatlichen Prinzipien wie dem Demonstrationsrecht bestehen, auf der Beweislast der Staatsgewalt im Strafrecht und auf das Asylrecht politisch Verfolgter - auch wenn diese dem türkischen Militär angehören -, der wird vergeblich warten. Im Fall der Öcalan-Fahnen hat die türkische Regierung zudem einen wunden Punkt erwischt. Seit Kurzem ist das Zeigen der Portraits des PKK-Führers in Deutschland tatsächlich verboten. Und die verbreitete Polizeistrategie - Deeskalation vor konsequenter Rechtsdurchsetzung - verliert auch bei immer mehr deutschstämmigen Bürgern an Zustimmung. Die Breitseite aus Ankara zielt aber abermals vor allem auf Türken und Deutschtürken in unserem Land. Zielsicher vergrößert Erdogan die Distanz zwischen den Migranten und der Gesellschaft, die ihnen so viele Freiheitsrechte einräumt (wobei es die Mehrheitsgesellschaft jahrzehntelang hat an Achtung vermissen lassen). Es ist das alte Dilemma: Wer Rechte und Freiheiten erlangt, ist noch lange nicht bereit, diese auch seinem Gegenüber oder seinem politischen Gegner zu gewähren. Auch das ist im Deutschland des Jahres 2017 kein rein türkisches Problem.
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