Hagen (ots) - Es sind doch immer die gleichen Reflexe: Die Bundestagswahl ist erst wenige Tage her, da schachern die mutmaßlichen Koalitionspartner schon um die Spitzenposten in den Ministerien. Wohlgemerkt: Ob sie überhaupt eine Partnerschaft eingehen werden, steht angesichts gewaltiger inhaltlicher Differenzen noch in den Sternen. Ein bisschen mehr Zurückhaltung wäre angebracht. Über Inhalte zu sprechen ist momentan wichtiger, als über Köpfe zu fantasieren. Auf viele Wähler, vor allem auf jene, die sich am vergangenen Sonntag von den etablierten Volksparteien abgewendet haben, machen die Personaldebatten einen schlechten Eindruck. Könnte doch die Vermutung entstehen, dass die Herren und Damen in den Parteispitzen kein großes Interesse daran haben, öffentlich Rechenschaft über ihr desaströses Abschneiden abzulegen. Motto: Machen wir erst einmal weiter so, vielleicht merkt es keiner. Auch das plakative Setzen ominöser roter Linien ist kontraproduktiv. Erstens behindert es die Koalitionsverhandlungen, zweitens schadet es der Glaubwürdigkeit, wenn am Ende eine Partei von ihrer Maximalforderung wieder abrücken muss - beispielsweise von einer Obergrenze für Flüchtlinge. Die möglichen Jamaika-Koalitionäre, aber auch SPD und Linke sollten sich angesichts einer AfD, die auf die Provokations-Masche setzt, bewusst sein, dass sie einen enormen Einfluss auf die zukünftige Debattenkultur in Deutschland haben. Inhaltsstärke geht vor Lautstärke. Das gilt auch für Andrea Nahles. Die neue Fraktionschefin der SPD wollte mit ihrem Spruch, die Union bekäme "nun in die Fresse", lustig sein. Eine Ministerin, und das war sie zu diesem Zeitpunkt noch, sollte ihre Worte weiser wählen.
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