Bielefeld (ots) - Am Tag vor dem Tag der Deutschen Einheit teilt das Bundesforschungsministerium uns gestern mit, es werde ein neues Projekt unterstützen, das die Rolle ehemaliger Nationalsozialisten in Wissenschaft und Bildung der DDR untersuchen wird. Das sei, so Ministerin Johanna Wanka, ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Nachwirkungen in der DDR. Man fragt sich zunächst, warum dies eigentlich nicht schon längst untersucht worden ist. Und selbst, wenn man geneigt ist, sprachliche Ungenauigkeiten zu verzeihen, zweifelt man daran, ob die Nationalsozialisten wirklich "ehemalige" waren. In jedem Fall ist die DDR ehemalig - und das ist auch gut so. Gleichwohl wird man gerade nach den Wahlergebnissen des letzten September-Wochenendes nicht übertreiben, wenn man dazu festhält, dass Deutschland noch immer ein gespaltenes Land ist. Die größte Trennlinie ist nach wie vor eine geografische. Die rechtspopulistische, in Teilen auch nationalsozialistisch tickende AfD ist in den neuen Bundesländern eine relevante, bedrohlich starke Partei geworden. In Sachsen repräsentiert sie sogar die stärkste politische Kraft in der Wählerschaft. Aber es gibt auch an anderen Orten bedrohliche Entwicklungen. In Bayern verliert die CSU über zehn Punkte - die AfD legt in gleichem Maß zu. Ein ähnliches Bild in einst klassisch sozialdemokratischen Regionen. Beispiel Ruhrgebiet: Die SPD verliert in ihren Hochburgen, auch wenn sie stärkste Kraft bleibt. Die AfD wächst in nahezu gleichem Maße an. Die Spaltung des Landes vollzieht sich nicht nur an geografischen Grenzen, sondern stärker auch in Sozial- und Chancen-Strukturen. Dazu macht sich in vielen auch gut situierten bis wohlhabenden Regionen eine undifferenzierte Angst vor der Zukunft breit. Beides zusammen lässt die Gewissheiten einer vorgeblich alternativlosen Politik schwinden, die ihre Entscheidungen der jeweiligen Lage anpasst und damit beliebig wird. Gegen diese Spaltung hilft mehr, nicht weniger Streit. Streit um den richtigen Weg für eine soziale, auf Freiheit verpflichtete Republik. Dagegen hilft nach Willy Brandt nur: Mehr Demokratie wagen, nicht weniger. Als Brandt Kanzler wurde, stand die rechtsradikale NPD kurz vor dem Einzug ins Parlament. Drei Jahre später waren diese Nationalsozialisten in der BRD bedeutungslos.
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