Regensburg (ots) - So schnell werden die aufgerissenen Gräben in der CSU nicht zuzuschütten sein. Zumal die Scharmützel der letzten Monate zu Verletzungen in den Reihen der Christsozialen geführt haben, die noch eine lange Zeit nachwirken werden. Es gilt der Grundsatz: Geschlossenheit lässt sich nicht einfach verordnen, auch nicht durch einen neuen Zeitplan hin zu einer längst überfälligen Personalveränderung. Sie muss vorgelebt werden. Doch die CSU ist in zwei verfeindete Lager zerfallen - in das der Anhänger von Noch-Finanzminister Markus Söder und in das seiner Gegner. Versöhnung scheint da eine große Utopie zu sein. Und die Schmutzeleien - ein Wort, das Horst Seehofer schon vor Jahren im Zusammenhang mit Söders Verhalten verwendete - nehmen kein Ende. Dass die meisten Beobachter nicht mehr an einem Machtwechsel zweifeln, zeigt die gestern verbreitete und gleich von allen Seiten dementierte Meldung, Söder werde Ministerpräsident. Diese Option ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit. Selbst wenn es gelingen sollte, alsbald die Reihen zu schließen, dann ist noch lange nicht ausgemacht, dass auch der Wähler den Christsozialen wieder folgen wird. Der Vertrauensverlust vieler Bürger in die CSU ist riesig. Mitverursacher ist ohne Zweifel Horst Seehofer, der einen großen, strategischen Fehler begangen hat: Erst hat er Kanzlerin Angela Merkel monatelang wegen ihrer Flüchtlingspolitik massiv angegangen bis hin zur Demütigung auf offener Bühne beim CSU-Parteitag, um dann plötzlich den Schalter auf Friede und Freude umzustellen. Zahlreiche Wähler haben ihm und seiner Partei die plötzliche und krude Kurskorrektur zu Recht nicht abgenommen. Die Quittung gab es bei der Bundestagswahl. Einen anderen Grund für ihre Talfahrt will die CSU immer noch nicht wahrhaben: Ihr Nimbus der Volkspartei, in diesem Fall einer regional begrenzten, bröckelt. Wie bei den anderen großen Parteien auch. Bisher haben die Christsozialen ziemlich orientierungslos darauf reagiert. Angesichts der Wahlergebnisse wollten sie deutlich mehr nach rechts rücken, um den neuen Hauptkonkurrenten AfD kleinzuhalten, mal am liebsten in der Mitte bleiben, um weiterhin dem alten Anspruch von Laptop und Lederhose gerecht zu werden. Nur: Beides lässt sich politisch - wenn überhaupt - nur mit sehr viel Geschick vereinbaren. Und einvernehmlich. Beides fehlt. Schlechter kann somit die Ausgangsposition für eine Neuaufstellung mit Blick auf die Landtagswahlen im Freistaat im kommenden Jahr nicht sein. Insofern ist auch noch lange nicht ausgemacht, ob die CSU ihren Absturz von einer europa- und bundespolitisch einflussreichen Regionalpartei zur rein bayerischen Partei wird verhindern können. Ist die CSU im Land schwach, ist sie es auch im Bund. Mit Ämterteilung hat man bei den Christsozialen jedenfalls noch nie gute Erfahrungen gemacht. "Partei und Land in einer Hand" war immer die Idealvorstellung. Wer immer daher künftig die CSU in welcher Funktion führen wird, die Partei braucht wieder eine klare Linie und ein Ende der Sprunghaftigkeit. Auch muss die lähmende und quälende Selbstbespiegelung aufhören. Schließlich geht es nicht nur um die Verteidigung der absoluten Mehrheit im Freistaat. Es geht auch um den Einfluss in Berlin. Und nicht zuletzt um die Bürger. Die haben sie schließlich gewählt.
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