Nach Ansicht des FDP-Vorsitzendes Christian Lindner ist eine mögliche Große Koalition für das Land besser als eine Regierungsbeteiligung seiner eigenen Partei im gescheiterten Jamaika-Bündnis. "Bei der SPD gibt es immerhin noch Ansätze für eine vernünftige Industriepolitik, vor allem mit Blick auf den Energiebereich. Das wäre mit den Grünen schlimmer gekommen", sagte Lindner der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
"All das, was die SPD für eine Große Koalition an Mehrausgaben fordert, hatte auch Jamaika im Gepäck. Es ging um Mehrausgaben von 60 Milliarden Euro." Auch mit Blick auf die Europapolitik verspricht eine Große Koalition nach Lindners Worten mehr Stabilität.
"Die Erneuerung Europas wird die zentrale Aufgabe der nächsten Dekade sein", sagte er. "Nicht auszudenken, was im nächsten Jahr auf den europäischen Gipfeln los gewesen wäre, wenn eine Jamaika-Koalition über die deutsche Linie entscheiden müsste." Ein FDP-Minister hätte nach Einschätzung des Parteivorsitzenden nur begrenzten Einfluss auf die Verhandlungslinie gehabt. Man könne eine Regierung aber nicht darauf aufbauen, dass man schon den Bruch einkalkuliere.
"Genau aus diesem Grund wäre das eben nicht die stabile Regierung gewesen, die sich international viele wünschen", so der Parteichef. Auch bei der Erneuerung der eigenen Partei will sich Lindner unter anderem an Vorbildern aus der SPD orientieren. Die FDP wolle "an einem Erneuerungsprojekt für die nächste Dekade arbeiten, das an Gerhard Schröders Agenda 2010 anknüpft - oder das sich davon inspirieren lässt, was Macron in Frankreich macht", sagte er.