Bielefeld (ots) - Es erscheint paradox: Während die Steuereinnahmen des Staates immer neue Rekordhöhen erreichen, ächzen viele Kommunen unter einer bleischweren Schuldenlast. Vor diesem Hintergrund hat Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) Recht, wenn er als Vorsitzender des NRW-Städtetags vom Land mehr Geld und eine klare Finanzperspektive für die Kindertagesstätten fordert. Wer mehr Qualität in den Kita will, meint damit in erster Linie mehr und besser ausgebildetes Personal. Das kostet dann auch mehr Geld - und zwar anders als beim Bau einer Kita nicht nur einmal, sondern Monat für Monat.
Hier liegt das Kernproblem vieler Städte: Während einerseits viel Geld auch vom Bund in kommunale Investitionsprogramme fließt, laufen die wiederkehrenden Kosten davon. 1,1 Milliarden Euro Schulden hat allein die Stadt Bielefeld, etwa die Hälfte davon als sogenannte Kassenkredite, die mit dem Dispo auf dem privaten Girokonto vergleichbar sind. Hier tickt eine Zeitbombe. Steigen die Zinsen auch nur um einen Prozentpunkt, so sorgt das in Bielefeld allein bei diesen Krediten für jährliche Zusatzkosten von fünf Millionen Euro. Trotz des Konjunkturbooms hat Bielefeld zuletzt gerade einmal 1,7 Millionen Euro Überschuss im Etat 2016 erreicht. Eine Schuldentilgung ist damit rechnerisch erst in mehr als 500 Jahren zu erwarten. So lange wird selbst die schönste Rekordkonjunktur kaum anhalten.
Bielefeld ist kein Einzelfall. Auf mehr als 26 Milliarden Euro summieren sich die Kassenkredite der NRW-Kommunen, wie Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy vorgerechnet hat. Dass Clausen und Dedy sich ausgerechnet vor Beginn der Sondierungen über eine neue Bundesregierung zu Wort melden, ist kein Zufall. Raus aus den Schulden: Ohne Hilfe des Bundes wird das kaum funktionieren. Und ein Programm zur Stärkung der Kommunen wäre sicherlich sowohl bei der Union als auch bei der SPD konsensfähig.
Wie das gehen könnte, probiert Hessen gerade aus. Eine Art »Bad Bank« des Landes soll dort in diesem Jahr den Großteil der kommunalen Kassenkredite übernehmen. Im Gegenzug sollen die Kommunen künftig weitgehend auf die Aufnahme neuer Dispo-Schulden verzichten. Kommen dann wieder einmal schlechte Zeiten, geraten die Kommunen sofort unter massiven Spardruck. Erst dann wird sich erweisen, ob das Konzept aufgeht.
Notwendig ist eine Finanzreform, die dafür sorgt, dass die Kommunen künftig nur noch das bezahlen müssen, was sie selbst beschlossen haben. Im Gegenzug bekämen Bund und Land allerdings viel stärkere Mitspracherechte. Auch das sollten diejenigen bedenken, die nach Entschuldungsprogrammen rufen. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet eben immer auch kommunale Finanzverantwortung.
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Hier liegt das Kernproblem vieler Städte: Während einerseits viel Geld auch vom Bund in kommunale Investitionsprogramme fließt, laufen die wiederkehrenden Kosten davon. 1,1 Milliarden Euro Schulden hat allein die Stadt Bielefeld, etwa die Hälfte davon als sogenannte Kassenkredite, die mit dem Dispo auf dem privaten Girokonto vergleichbar sind. Hier tickt eine Zeitbombe. Steigen die Zinsen auch nur um einen Prozentpunkt, so sorgt das in Bielefeld allein bei diesen Krediten für jährliche Zusatzkosten von fünf Millionen Euro. Trotz des Konjunkturbooms hat Bielefeld zuletzt gerade einmal 1,7 Millionen Euro Überschuss im Etat 2016 erreicht. Eine Schuldentilgung ist damit rechnerisch erst in mehr als 500 Jahren zu erwarten. So lange wird selbst die schönste Rekordkonjunktur kaum anhalten.
Bielefeld ist kein Einzelfall. Auf mehr als 26 Milliarden Euro summieren sich die Kassenkredite der NRW-Kommunen, wie Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy vorgerechnet hat. Dass Clausen und Dedy sich ausgerechnet vor Beginn der Sondierungen über eine neue Bundesregierung zu Wort melden, ist kein Zufall. Raus aus den Schulden: Ohne Hilfe des Bundes wird das kaum funktionieren. Und ein Programm zur Stärkung der Kommunen wäre sicherlich sowohl bei der Union als auch bei der SPD konsensfähig.
Wie das gehen könnte, probiert Hessen gerade aus. Eine Art »Bad Bank« des Landes soll dort in diesem Jahr den Großteil der kommunalen Kassenkredite übernehmen. Im Gegenzug sollen die Kommunen künftig weitgehend auf die Aufnahme neuer Dispo-Schulden verzichten. Kommen dann wieder einmal schlechte Zeiten, geraten die Kommunen sofort unter massiven Spardruck. Erst dann wird sich erweisen, ob das Konzept aufgeht.
Notwendig ist eine Finanzreform, die dafür sorgt, dass die Kommunen künftig nur noch das bezahlen müssen, was sie selbst beschlossen haben. Im Gegenzug bekämen Bund und Land allerdings viel stärkere Mitspracherechte. Auch das sollten diejenigen bedenken, die nach Entschuldungsprogrammen rufen. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet eben immer auch kommunale Finanzverantwortung.
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