Von Florian Faust
NEW YORK (Dow Jones)--Belasten von gestiegenen Rentenrenditen hat die Wall Street am Freitag den höchsten Tagesverlust in Prozent seit August 2017 verbucht - gerechnet in Punkten war es der heftigste seit Dezember 2008. Auf Wochensicht war es der größte Einbruch seit Januar 2016. Hatten sich die US-Börsen an den vergangenen Tagen der vor allem in Europa zu beobachtenden Abwärtstendenz noch weitgehend entzogen, folgte die Wall Street zum Wochenschluss der Talfahrt. Getrübt wurde die Stimmung durch das gestiegene Zinsniveau. Den Auslöser hatte die US-Notenbank bereits zur Wochenmitte mit einer etwas falkenhafteren Wortwahl zur Inflationserwartung gesetzt. Eine schneller anziehende Inflation macht den Weg für zügigere Zinserhöhungen frei.
Untermauert wurde diese Sicht nun vom überzeugenden US-Arbeitsmarktbericht. Während im Januar mehr Stellen als erwartet geschaffen wurden, zogen auch die Stundenlöhne deutlich stärker als gedacht an. Steigende Löhne gelten als Vorbote für eine anziehende Inflation. Wie berechtigt solche Annahmen sind, verdeutlichte mit US-Notenbankpräsident Neil Kashkari aus Minneapolis eine der größten "Tauben" innerhalb der Federal Reserve. Er schien kurz davor, seinen Widerstand gegen steigende Zinsen aufzugeben. Er sagte mit Blick auf den Arbeitsmarkt, "das wichtigste, das ich gesehen habe, ist der Lohnanstieg".
Der Dow-Jones-Index baute seine Verluste bis zum Handelsende auf 2,5 Prozent aus und schloss bei 25.521 Punkten nur knapp über dem Tagestief. S&P-500 und Nasdaq-Composite verloren 2,1 bzw. 2,0 Prozent. Gedrückt wurde der Dow von sehr schwachen Ölwerten. Umgesetzt wurden 1.122 (Donnerstag: 912) Millionen Aktien. Dabei standen den 322 (1.322) Kursgewinnern an der NYSE 2.732 (1.662) -verlierer gegenüber, unverändert schlossen 41 (106) Titel.
Wenn gute Nachrichten zu schlechten werden
Als weiteren Beleg für die boomende US-Konjunktur und Wegbereiter für höhere Zinsen werteten Händler die Auftragseingänge der Industrie, die im Dezember die Markterwartungen geschlagen hatten. Dazu gesellten sich ausgabefreudige US-Konsumenten, denn deren Stimmung hielt sich auf hohem Niveau über Markterwartung. "Ja, es gab einen Ausverkauf am Aktienmarkt in dieser Woche, aber echte Panik sehe ich nicht", sagte Chefmarktstratege David Kelly von JP Morgan Asset Management. Die wahre Gefahr seien keine Anleiherenditen über 3 Prozent, sondern eine Rezession. Aber solange die Notenbanken ihr langsames und schrittweises Vorgehen beibehielten und die Unternehmensgewinne solide blieben, werde er kurzfristig keine Rezession vorhersagen.
"Wir sind in einer Phase, in der gute Daten gleichgesetzt werden mit höherer Inflation und damit höheren Marktschwankungen", kommentierte Anlagestrategin Liz Ann Sonders von Charles Schwab. Das sei ein normales spätzykliches Muster. Anders formuliert seien gute Neuigkeiten schlechte für Investoren, die auf eine Fortsetzung der Niedrigzinspolitik in einem Umfeld niedriger Inflation setzten.
Der Rentenmarkt reagierte mit absackenden Kursen und weiter steigenden Renditen auf den Arbeitsmarktbericht. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen machte einen Satz von 5 Basispunkten auf 2,84 Prozent im späten Handel und markierte den höchsten Stand seit vier Jahren. Damit gewannen Anlagen in vermeintlich sicheren Anleihen in Relation zu riskanteren Aktienengagements immer mehr an Attraktivität.
Die steigenden Renditen trieben den Dollar nach oben. ICE- und WSJ-Dollarindex klettern um 0,8 bzw. 0,7 Prozent - der höchste Tagessprung des Greenbacks seit Ende Oktober. Der zuletzt starke Euro kam auf 1,2462 Dollar zurück von Ständen über 1,25 am Vorabend. Stärker fiel der Dollar-Anstieg zum Yen aus, weil die japanischen Notenbanker gerade erst signalisiert hatten, zunächst weiter nicht an eine straffere Geldpolitik zu denken.
Öl und Gold werden billiger
Die vom Arbeitsmarktbericht entfachte zusätzliche Zinserhöhungsfantasie und der festere Dollar brachten den Goldpreis heftig unter die Räder. Die Feinunze verbilligte sich im späten Geschäft um 1,4 Prozent auf 1.330 Dollar.
Der Höhenflug des Dollar drückte auch die Ölpreise, die sich jedoch im Verlauf deutlich erholten. Die anziehende US-Förderung mit immer neuen Tageshöchstmarken sorge zusätzlich für eine negative Stimmung am Ölmarkt, hieß es: "Die US-Erdölproduktion ist augenscheinlich ein bärischer Faktor", sagte Analyst Kyle Cooper von Ion Energy Group. Dazu passte die laut dem Öldienstleister Baker Hughes auf Wochensicht erneut gekletterte Anzahl aktiver US-Ölförderanlagen. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich um 0,5 Prozent auf 64,45 Dollar je Fass, Nordseeöl der Sorte Brent gar um 1,5 Prozent auf 68,58 Dollar.
Apple, Amazon und Alphabet mit durchwachsenen Zahlen
Als insgesamt durchwachsen ausgefallen wurden die Quartalszahlen von Apple, Amazon und Alphabet (Google) bezeichnet. Apple büßten 4,4 Prozent ein, Alphabet gar 5,3 Prozent - Amazon stiegen dagegen um 2,9 Prozent. Apple hatte im ersten Geschäftsquartal einen Umsatzrekord aufgestellt und verdiente im Weihnachtsquartal mehr als vorausgesagt. Für das laufende Geschäftsquartal hatte der Technologiegigant aber Erlöse unter Markterwartungen in Aussicht gestellt.
Alphabet hatte im Weihnachtsquartal zwar den Umsatz stärker als erwartet gesteigert, die US-Steuerreform bescherte der Google-Mutter allerdings tiefrote Zahlen. Zudem verfehlte der bereinigte Gewinn die Prognose. Amazon war im Schlussquartal rasant gewachsen und verdiente erstmals in ihrer Unternehmensgeschichte mehr als 1 Milliarde Dollar. Dabei lag der Umsatz knapp über der Konsensschätzung.
Mattel kann sich auf Barbie verlassen
Für Mattel ging es um 7,9 Prozent nach oben. Der US-Spielzeughersteller hatte im wichtigen Weihnachtsquartal nur wenig Nachfrage bei den auf Kleinkinder ausgerichteten Marken verzeichnet - der Umsatz ging deutlich zurück. Unter dem Strich schrieb das Unternehmen rote Zahlen. Mattel hatte aber bereits im Dezember vor einem schwachen Schlussquartal gewarnt. Im Handel hieß es, das Schlimmste sei nun vorüber. Außerdem liefen die Geschäfte mit der wichtigen Barbie-Puppe besser.
Der Mobilfunkkonzern Sprint hatte im dritten Geschäftsquartal dank eines Steuervorteils im Zuge der Steuerreform deutlich besser als erwartet abgeschnitten. Die Titel wurden 5,1 Prozent höher gehandelt. Die Ölmultis Exxon Mobil und Chevron verfehlten die Ergebnisprognosen, die Papiere büßten 5,1 bzw. 5,6 Prozent ein. Clorox hatte einen Gewinnsprung vermeldet und ihre Ertragsziele erhöht. Der Konsumgüterhersteller profitierte gewinnseitig allerdings von der US-Steuerreform und verfehlte die Umsatzerwartungen. Der Kurs gab um 6,7 Prozent nach.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 25.520,96 -2,54 -665,75 3,24 S&P-500 2.762,12 -2,12 -59,86 3,31 Nasdaq-Comp. 7.240,95 -1,96 -144,92 4,89 Nasdaq-100 6.760,29 -2,05 -141,21 5,69 US-Anleihen Laufzeit Akt. Rendite Bp zu Vortag Rendite Vortag +/-Bp YTD 2 Jahre 2,14 -2,0 2,16 93,9 5 Jahre 2,59 1,4 2,57 66,1 7 Jahre 2,76 3,3 2,73 51,1 10 Jahre 2,83 4,3 2,79 38,9 30 Jahre 3,08 5,1 3,03 0,9 DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8:20 Do, 18:13 % YTD EUR/USD 1,2459 -0,38% 1,2508 1,2491 +3,7% EUR/JPY 137,17 +0,19% 137,16 136,78 +1,4% EUR/CHF 1,1600 +0,09% 1,1588 1,1595 -0,9% EUR/GBP 0,8825 +0,61% 0,8769 1,1405 -0,7% USD/JPY 110,10 +0,58% 109,65 109,50 -2,3% GBP/USD 1,4119 -1,01% 1,4264 1,4245 +4,5% Bitcoin BTC/USD 8.443,95 -5,67% 8.568,25 8.983,01 -41,21 ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 65,14 65,8 -1,0% -0,66 +7,8% Brent/ICE 68,38 69,65 -1,8% -1,27 +3,3% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.331,36 1.348,55 -1,3% -17,20 +2,2% Silber (Spot) 16,58 17,24 -3,9% -0,66 -2,1% Platin (Spot) 989,45 1.007,95 -1,8% -18,50 +6,5% Kupfer-Future 3,18 3,21 -1,0% -0,03 -3,7% ===
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February 02, 2018 16:15 ET (21:15 GMT)
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