Hagen (ots) - Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD lässt vieles vermissen. Nach zwölf Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel - davon acht Jahre mit den Sozialdemokraten - macht sich Erschöpfung breit. Diesem Neuanfang wohnt ganz sicher kein Zauber inne. Es handelt sich auf der politischen Ebene eher um ein Lehrstück in Sachen Machterhalt. Auf der menschlichen Ebene erleben wir einen beschämenden Umgang mit jenen, die man gemeinhin Parteifreunde nennt. Darüber geht ein bisschen verloren, dass auf der inhaltlichen Ebene das Programm der alten und neuen Partner zumindest einige passable Eckpfeiler enthält. Immerhin sollen Milliarden Euro in bessere Schulen investiert werden, ähnlich hohe Summen in eine wirksamere Pflege fließen, deutlich mehr Geld für den Wohnungsbau und für die Digitalisierung aufgebracht werden. Der große Wurf ist es nicht. Aber den hat auch niemand erwartet. Es ist vielmehr der notwendige Schritt in die richtige Richtung. Und wenn nun in der Bildungspolitik das scheinbar ewig währende Kooperationsverbot aufgehoben wird, also Bund und Länder endlich zusammenarbeiten dürfen, lässt sich konstatieren: endlich. Merkel enttäuscht langjährige Weggefährten Allerdings reicht das alles nicht, um das Land selbstbewusst und mutig in eine neue Zeit zu führen, der AfD klare Antworten auf ihre Provokationen und Herausforderungen im Parlament zu liefern. Neue Köpfe fehlen. Beim Personal erleben wir zuviel business as usual. Angela Merkel hat sich sehr weit auf die SPD zubewegt, um ihre Macht noch für eine Weile zu sichern. Sie musste langjährige Weggefährten bei der Ressortverteilung enttäuschen und bildet eine Seilschaft mit Martin Schulz und dem Horst Seehofer (CSU), die ihre politische Zukunft durch den Eintritt ins Kabinett sichern wollen. Und sie weiß, dass ihre Autorität im eigenen Lager in den vergangenen Jahren stark geschrumpft ist. Das Ende ist eingeläutet. Es erscheint geradezu wie ein Paradox, dass Merkels Schicksal als Kanzlerin von der Zustimmung der SPD-Mitglieder abhängt. Lehnen sie das ausgehandelte Ergebnis ab, wird sich die CDU ganz sicher neu aufstellen. Martin Schulz befindet sich nahezu unaufhaltsam auf einer schiefen Ebene. Er hat sich nicht gescheut, in allen wesentlichen Fragen wortbrüchig zu werden. Nach der Bundestagswahl lehnte er die Beteiligung der SPD an einer Regierung ebenso konsequent ab, wie seinen eigenen Eintritt ins Kabinett. Belastbar war keine dieser Aussagen. Unter größtem Druck und extrem geschwächt überlässt er nun der starken Andrea Nahles den Parteivorsitz - die erste Frau an der Spitze in 128 Jahren. Doch das rückt gerade in den Hintergrund. Für Schulz eine Nummer zu groß Schulz strebt das Amt des Außenministers an. Möglicherweise gefährdet eben dieser Schachzug die Zustimmung der enttäuschten Sozialdemokraten zum Koalitionsvertrag. Denn er nimmt in Kauf, den im Moment beliebtesten SPD-Politiker aus dem Amt zu drängen. Schulz ist bereit, Sigmar Gabriel - dem er sein Parteiamt verdankt - über die Klinge springen zu lassen. Gabriel weiß es längst. Für Martin Schulz waren Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur eine Nummer zu groß. Sollte die Basis ihm auch die jüngste Wendung übel nehmen, droht ein "Schulz-Effekt", der die Sozialdemokratie und die CDU bis ins Mark erschüttert.
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