Hagen (ots) - Wenn sich ein in der Bevölkerung populärer und langjähriger Minister plötzlich ohne Amt wiederfindet und das Ende der Karriere droht, schmeckt das bitter. Aber Thomas de Maizière hat öffentlich nicht geklagt. Sigmar Gabriel schon. Und zwar laut und nicht ganz geschmackssicher. Nun gut: Zur Selbstdisziplin hat dieser sehr talentierte Politiker nie geneigt, und zwischen ihm und Martin Schulz war offenbar viel Persönliches im Spiel. Da könnte man eine große Geschichte von Freundschaft, Vertrauen und Verrat erzählen. Aber leid tun musste einem Gabriel nicht: Dass die Zahl seiner Unterstützer beschränkt war, liegt schon an ihm selbst. Und was die Beliebtheit angeht: Die ist eher dem Amt geschuldet. Die Schulz-Story ist ja auch ohne Gabriel eine irrwitzige: Der 100-Prozent-Mann vom 19. März 2017 ist keine elf Monate später politisch komplett erledigt. Sein Versuch, sich nach der vergeigten Wahl auf einen schönen Posten zu retten, ist gescheitert. Zum Glück. Theoretisch hätte aus dem Vollblut-Europäer ein guter Außenminister werden können - so nicht. Da wurde ein Mann überschätzt, der seinen Job unterschätzt hat. Beides maßlos. Ihn kann man bedauern. Und nun weiter Gabriel? Welch ein absurdes Drama! Die Personalentscheidungen der vergangenen Tage hat allerdings Martin Schulz nicht allein getroffen; das war die SPD-Führungsriege. Hat sie, erschöpft von Marathon-Verhandlungen oder instinktlos aus Prinzip, nicht begriffen, wie eine solche Versorgungsmentalität bei der Parteibasis ankommt? Erschreckend. Die Sorge um den Mitgliederentscheid hat nun die erneute schnelle Wende gebracht. Und ab sofort geht es wieder um die Inhalte, um die Verhandlungserfolge der SPD, um die Vorteile für die Bürger? Sicher auch. Doch der Eindruck, dass führende Genossen sich selbst wichtiger nehmen als ihre traditionsreiche, große Partei, wird nicht verschwinden. Weil er stimmt.
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